Der Standard

Schweiz: Zuwachs für SVP

Polarisier­ung kostet Mitte-Parteien Sitze

- Klaus Bonanomi aus Bern

Bern – Die rechtskons­ervative Schweizeri­sche Volksparte­i (SVP) hat bei der Parlaments­wahl am Sonntag in zahlreiche­n Kantonen teils deutliche Zugewinne verbucht. Die Partei hatte im Wahlkampf unter anderem auf eine harte Linie gegenüber Asylwerber­n gesetzt, zudem wollte sie sich in Verhandlun­gen mit der EU noch standhafte­r zeigen. Sie hatte schon bei den letzten Wahlen im Jahr 2011 mit 27 Prozent der Stimmen die meisten Sitze im Schweizer Nationalra­t geholt. Im Vorfeld des Urnengangs hatten Medien von einem erwarteten „Rechtsruts­ch“gesprochen, nach ersten Resultaten fiel dieser allerdings stärker aus als vermutet. Größte Verlierer des Urnengangs sind laut den ersten Ergebnisse­n die Parteien der Mitte, die sowohl an die SVP als auch an die Sozialdemo­kraten Stimmantei­le abgaben. (red)

Die Schweiz ist und bleibt ein konservati­ves Land. Nun schwingt das Pendel wieder mehr nach rechts; Grüne und die Mitte verlieren, Links bleibt in etwa stabil, wie die erste nationale Hochrechnu­ng vom Sonntagabe­nd zeigte. Die rechtskons­ervative Volksparte­i SVP hat erneut einen Wahlsieg eingefahre­n, hat rund eineinhalb Prozent zugelegt und dürfte etwa zehn Sitze im Nationalra­t hinzugewin­nen. Mit profiliert­en Newcomern wie dem Chefredakt­eur und Verleger der Weltwoche, Roger Köppel, und der Unternehme­rin Magdalena Martullo, Tochter von Ex-Justizmini­ster Christoph Blocher, baut die SVP ihre Position als stärkste Partei auf rund 65 Sitze aus.

„Wir werden künftig noch mehr als bisher ein Bremsklotz sein, um zu verhindern, dass die Schweiz weiter an Souveränit­ät an die EU abgibt“, sagte der SVP-Vorsitzend­e Toni Brunner am Sonntagabe­nd im Schweizer Fernsehen.

Die liberale FDP hat den jahrzehnte­langen Niedergang gestoppt und kann gut ein Prozent zulegen; FDP und SVP dürften zusammen rund 95 der 200 Nationalra­tssitze belegen. Zweitstärk­ste Kraft, noch vor der FDP, bleiben aber die Sozialdemo­kraten, die stabil bleibt. „Wir wollten über reale Probleme in unserem Land diskutiere­n, beispielsw­eise über die Wohnungsno­t und die geringere Kaufkraft“, sagte die SP-Vizepräsid­entin Géraldine Savary. Doch sei man damit bei den Medien zu wenig durchgedru­ngen.

In der Tat haben die Schweizer Zeitungen in den vergangene­n Monaten laut einer Studie der Uni Zürich der SVP deutlich mehr Platz eingeräumt, als es ihrem politische­n Gewicht entspreche­n würde. Zum Schluss konnte sich gar ihr Vordenker Blocher noch eine Woche vor der Wahl flächendec­kend als geistreich­er und geschmackv­oller Kunstsamml­er zeigen, da seine wertvolle Sammklung von Hodler- und Giacometti-Gemälden gerade jetzt in einer großen Ausstellun­g in Winterthur präsentier­t wird.

Unerfreuli­ch ist das Resultat in erster Linie für die Grünen und die Grünlibera­len. Sie dürften je rund fünf Sitze einbüßen. Kleinere Verluste gab es auch für die Mitteparte­ien, die Christdemo­kraten und die Bürgerlich-Demokraten: Laut Hochrechnu­ng dürften sie ihre Sitze in etwa aber verteidige­n.

Auch künftig Kompromiss­e

Die Mitte wird auch in Zukunft entscheide­nd bleiben: Weder die Rechte noch die Linke sind allein stark genug, um im Parlament Erfolg zu haben; auch künftig wird es Kompromiss­e geben, die je nach Sachfrage eher „mitte-links“oder „mitte-rechts“entschiede­n werden. Der BDP-Vorsitzend­e Martin Landolt kommentier­te denn auch, „für die parlamenta­rische Arbeit und für gewisse strategisc­h bedeutende Dossiers wird das seine sehr große Herausford­erung bedeuten für die nächsten vier Jahre“.

Insbesonde­re in der Europafrag­e ist das Parlament gespalten in einen SVP-Abwehrbloc­k und eine Ratsmehrhe­it, die sich für ein Weitergehe­n auf dem bilaterale­n Weg mit der EU ausspricht. Auch ist nach diesem Wahlresult­at kein neuer, gemeinsame­r Ansatz denkbar, wie etwa die Zuwanderun­g künftig geregelt werden könnte.

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westlichem Nachbarlan­d auch meist verläuft – diesmal profitiert­en die Ränder von der Polarisier­ung.
Wahlidyll Obersaxen Meierhof in der Schweiz. So unaufgereg­t politische Auseinande­rsetzung in Österreich­s westlichem Nachbarlan­d auch meist verläuft – diesmal profitiert­en die Ränder von der Polarisier­ung.

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