Inselstreit: Friedensversprechen und Provokation
China demonstriert in Territorialfrage Gelassenheit, warnt USA aber vor Marineübung
Vizearmeechef Fan Changlong versteckte seine Botschaft in einem Halbsatz: Er versprach vor 500 chinesischen und ausländischen Militärs und Experten, dass sich China zurückhalten würde, wenn es um die beanspruchten Inseln und Seegebiete geht. Sein Land werde dabei „niemals rücksichtslos“Gewalt anwenden“, sagte er auf der Pekinger Xiangshan-Sicherheitskonferenz am Wochenende. Eine bekannte Formel, der er nun hinzufügte: „Selbst, wenn es um Fragen der nationalen Souveränität geht.“China bemühe sich „nach Kräften, unerwartete Konflikte zu vermeiden“.
Doch ein neuer Zusammenstoß mit den USA droht in Kürze. US-Verteidigungsminister Ashton Carter und Flottenchef John Richardson kündigten an, dass die US-Marine an den von China jüngst künstlich aufgeschütteten Inseln Patrouille fahren will. Die US-Schiffe sollen testen, ob China die nach internationalem Recht verbriefte Freiheit der Navigation einschränken lässt.
General Fan ignorierte in seiner Rede die Ankündigung aus dem Pentagon. Nach innen aber sah die für die Konferenz demonstrierte Gelassenheit anders aus. Der Halbsatz des Generals fehlte tags darauf in allen Berichten der Parteizeitungen. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua hatte schon kurz nach der Rede in einem Kommentar Klartext gesprochen. Sie warf den USA vor, China zu provozieren, falls Schiffe in die Zwölf-Meilen-Zonen um die Inseln eindringen: „Was in aller Welt lässt die USA glauben, dass China es tolerieren wird, wenn ihre Marine chinesisches Territorium durchkreuzt?“
„Wir können nur abwarten“
Dabei war es US-Präsident Präsident Barack Obama, der als Erster im September Präsident Xi Jinping vor einer „Militarisierung“gewarnt hatte. Seit eineinhalb Jahren lässt Peking Riffe in den vom chinesischen Festland über 1500 Kilometer entfernten Spratly-Gebiet zu Inseln aufschütten und Landebahnen bauen.
Peking erklärt immer wieder, dass die Inseln nur zivil und zum Nutzen der allgemeinen Handelsund Seefahrt genutzt würden. Er habe viele solcher Versicherungen auf dem Forum gehört, sagte der malaysische Verteidigungsminister Zulkifeli Mohd. „Wir müssen es akzeptieren, wenn sie es so sagen. Wir können aber nur abwarten, ob es auch so kommt.“
Das riesige, mehr als drei Millionen Quadratkilometer umfassende öl- und gasreiche Südchinesische Meer, das Peking im Streit mit vier Anrainern fast zur Gänze beansprucht, ist nicht nur strategisch bedeutsam. Es wird für 60 Prozent des Welthandels und 2014 fast 85 Prozent des ChinaHandels sowie für Öl- und Energienachschub genutzt.
Bei aller Deutlichkeit erlaubte Peking aber auch Debatten. Das Forum lud erstmals auch ausländische Journalisten ein, darunter den Korrespondenten des STANDARD. Nichtöffentlich war aber der Empfang, den Chinas Verteidigungsminister Zhang Wanquan für Militärs der AseanStaaten gab. Sie sollen Kooperationen – etwa für Rettungsübungen, Katastrophenhilfe – verabredet haben. Pekings Kalkül dabei: Zusammenarbeit zur Lösung praktischer Aufgaben hilft, Misstrauen gegen China abzubauen. Und sie nützt der Argumentation, dass die USA weder für Ordnungsaufgaben noch als Sicherheitsmacht gebraucht werden.