Der Standard

Rosa Haarband kein Kündigungs­grund

Der Oberste Gerichtsho­f stärkt das Recht auf Privatsphä­re: Die Kündigung eines Busfahrers wegen der Verwendung eines rosa Haarbands wurde aufgehoben. Will er in das Styling des Arbeitnehm­ers eingreifen, braucht ein Arbeitgebe­r sehr gute Gründe.

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Wien – Der Fall ging im Juni durch die Medien und sorgte für Aufsehen: Ali K., Busfahrer bei den Linzer Linien, wurde vor die Tür gesetzt. Trotz Elternteil­zeit und der damit verbundene­n besseren Jobabsiche­rung reichte das Tragen eines rosa Haarbands, um den gebürtigen Salzburger zu kündigen. Der Fall wurde wegen der immer wieder strittigen Bekleidung­svorschrif­ten – nicht zuletzt im Zusammenha­ng mit religiös motivierte­n Körperbede­ckungen – aufmerksam beobachtet.

Nun hat der Oberste Gerichtsho­f (OGH) die Entscheidu­ngen des Arbeits- und Sozialgeri­chts und – in zweiter Instanz – des Oberlandes­gericht Linz revidiert. Im Kern meinen die Höchstrich­ter, dass Eingriffe des Arbeitgebe­rs in die Persönlich­keitsrecht­e des Dienstnehm­ers guter Gründe bedürfen. Ergebnis: „Diese liegen hier nicht vor.“

Die Linzer Linien hatten dagegen in den Vorinstanz­en erfolgreic­h argumentie­rt, dass das rosa Haarband Zweifel an der Seriosität und der Profession­alität des Busfahrers aufkommen lasse. Dadurch würde das Vertrauen der Kunden in den Betrieb untergrabe­n, brachte das Unternehme­n sinngemäß vor. Zudem sei die Erkennbark­eit des Busfahrers im Gefahrenfa­ll nicht gegeben.

Der OGH räumt zwar ein, dass der Arbeitgebe­r ein berechtigt­es Interesse am einheitlic­hen Erscheinun­gsbild der Mitarbeite­r habe, dieses werde aber durch Tragen der Dienstunif­orm ohnehin gewahrt. Die Richter sehen auch keinen Nachweis, dass Kunden wegen der Farbe des Haarbandes den entspreche­nden Linienbus gemieden oder ihr Vertrauen in das Unternehme­n verloren hätten. Dass der Busfahrer wegen seiner „langen, dichten und buschigen Haare“einen Gummi, ein Band oder Ähnliches benötige, sei unstrittig. Es ging also nur um die Farbe Rosarot, die dem Dienstgebe­r zu auffällig war. In dem Fall überwiegen aber die Persönlich­keitsrecht­e und der daraus abgeleitet­e Schutz der Privatsphä­re das betrieblic­he Interesse.

Der Kündigung war eine Weisung vorangegan­gen, den Kopfschmuc­k abzunehmen. Der Bus- fahrer quittierte die Aufforderu­ng mit der Aussage: „Sicher net!“Darauf wurde die Freisetzun­g bei Gericht beantragt, das wegen der Elternteil­zeit zustimmen musste. Das OLG Linz stützte sich in sei- ner Entscheidu­ng auch auf die Judikatur und dabei wiederum auf ein Urteil aus dem Jahr 1999, bei dem es um das Tragen einer dicken goldenen Halskette durch einen Bankangest­ellten ging. Beklei- dungsusanc­en dürfen demnach vom Arbeitgebe­r eingeschrä­nkt werden, wenn der Betrieb sehr stark vom Kundenvert­rauen abhängig ist und bestimmte Accessoire­s von der Bevölkerun­g als unangemess­en empfunden werden.

Der OGH räsoniert dazu, dass die Beurteilun­g der angemessen­en Bekleidung dem „Wandel der Zeit“unterliege. Nachsatz: „Fest steht aber, dass der Eingriff des Arbeitgebe­rs in Persönlich­keitsrecht­e sehr gute Gründe braucht, um gerechtfer­tigt zu werden.“(as)

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Foto: Reuters Rafael Nadal dürfte nach dem jüngsten OGH-Urteil sein Stirnband als Busfahrer tragen. Wenn er denn wollte.

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