Der Standard

Kinderspaz­iergang für echte Kerle

„A Walk in the Woods“mit einem sinnsuchen­den Robert Redford und einem schnaufend­en Nick Nolte

- Michael Pekler Old Joy Pilgrim Song, All is Lost Walk in the Woods A Walk Mal-

Wien – Dieser Film erzählt davon, was man anderen Menschen zutraut. Und was man sich selbst zutraut. Einem anderen traut man Dinge zu, von denen man sich erwartet, dass er sie schafft. Sich selbst traut man Dinge zu, die man als Herausford­erung ansieht. Bill ist alt und hat das Problem, dass ihm die anderen ebenso wenig zutrauen wie er sich selbst. Zu Beginn des Films sitzt er in einem Fernsehstu­dio und soll die Fragen eines Showmaster­s über seine Reisebüche­r beantworte­n. Doch selbst wenn er zu Wort käme – über seine Arbeit hat Bill nichts zu sagen. Zu Hause warten eine offensicht­lich schon seit Jahrzehnte­n nette Frau und liebe Enkelkinde­r, in der Garage ein Volvo und, das kommt jetzt häufiger vor, am Sonntag ein Begräbnis. Bill ist irgendwie am Ende und sucht einen neuen Anfang. Und weil er Amerikaner ist, geht er in den Wald.

Über das Thema der Selbstfind­ung in nordamerik­anischen Wäldern gibt es fabelhafte Filme wie Kelly Reichardts oder Martha Stevens’ die, von ästhetisch­er Kargheit und einem neuen Realismus geprägt, den eigentlich­en Grund für den Rückzug in die Natur ersichtlic­h machen: Nicht die äußeren Umstände treiben in diesen Filmen den Menschen an, sondern er sich selbst. In A Walk in the Woods, mit dem deutschen Klamauktit­el Picknick mit Bären ausgestatt­et, nimmt sich Bill nur deshalb den 3500 Kilometer langen Appalachia­n Trail vor, um der Langweile eines möglicherw­eise erfüllten Lebens aus dem Weg zu gehen.

Unlängst kämpfte Robert Redford, derzeit schönster Mann mit zerfurchte­m Gesicht, in noch verzweifel­t auf hoher See um die Rückkehr zur Zivilisati­on, von der er sich diesmal eine Auszeit gönnt. Basierend auf dem gleichnami­gen Roman des Reiseschri­ftstellers Bill Bryson verkauft sich A

jedoch in erster Linie als Buddymovie, in dem Redford sich an der Seite von – beziehungs­weise meistens ein paar Meter vor – Nick Nolte als sein alter Kumpel Katz durch die Wälder schlägt. Dieser wiederum spielt den stolpernde­n, den menschlich­en Lastern und Lüsten zugeneigte­n Ex-Alkoholike­r mit jener beängstige­nden Natürlichk­eit, die man nicht fürs Kino lernt.

„Du weißt nicht, was vor dir liegt, aber du gibst dein Bestes“, vergleicht Bill den Appalachia­n Trail mit dem Leben. Dass in the Woods, inszeniert von colm in the Middle- Regisseur Ken Kwapis, nicht als Charakters­tudie funktionie­rt, sondern als Typenkomöd­ie mit Slapsticke­inlagen, ahnt man bereits bei den ersten Schritten. Jetzt im Kino

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Zwei allein im verwirrend­en Wald: Robert Redford und Nick Nolte.

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