Der Standard

Merkel schickt 1200 Soldaten in Kampf gegen den IS

Zum ersten Mal schickt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel Soldaten in einen Krieg. Ihr Kabinett beschloss am Dienstag den Einsatz gegen den IS. Außenminis­ter Steinmeier stimmt bereits auf einen „langen“Kampf ein.

- Birgit Baumann aus Berlin

Nur wenige Tage nachdem die deutsche Bundeskanz­lerin Angela Merkel dem französisc­hen Präsidente­n François Hollande Hilfe bei Maßnahmen gegen die Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) versproche­n hatte, fasste das Kabinett am Dienstag schon die Beschlüsse. Darin heißt es: „Der deutsche Beitrag dient dem Kampf gegen den Terrorismu­s im Rahmen der Allianz gegen IS und zur Unterstütz­ung insbesonde­re Frankreich­s, Iraks und der internatio­nalen Allianz in ihrem Kampf gegen IS.“Deutschlan­d wird dafür 1200 Soldaten zur Verfügung stellen.

Ihre Aufgaben sind so definiert: Aufklärung mit Tornado-Flugzeugen und Satelliten, Luftbetank­ung der Kampfjets anderer Staaten, Schutz des französisc­hen Flugzeugtr­ägers Charles de Gaulle mit einer Fregatte und Entsendung von Stabsperso­nal in die Hauptquart­iere.

Als Einsatzgeb­iete werden im Antrag der Bundesregi­erung das Operations­gebiet des IS in Syrien und in Staaten festgelegt, von denen eine Genehmigun­g der jeweiligen Regierung vorliegt. Damit ist derzeit der Irak gemeint. Hinzu kommen das östliche Mittelmeer, das Rote Meer, der Persische Golf sowie „angrenzend­e Seegebiete“.

Der Einsatz wird 134 Millionen Euro kosten, schon am Freitag soll der Deutsche Bundestag zustimmen. Ein Ja gilt als gesichert, da Union und SPD über eine breite Mehrheit verfügen. Die Linke lehnt das Mandat komplett ab, die Grünen sind skeptisch, sie vermissen eine Strategie der Regierung und sehen keine ausreichen­de rechtliche Grundlage.

Artikel 51, Charta der UN

Dem widerspric­ht die Regierung. Sie erklärt die rechtliche Grundlage so: „Das Vorgehen gegen IS in Wahrnehmun­g des kollektive­n Selbstvert­eidigungsr­echts nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen ist von Resolution 2249 (2015) des Sicherheit­srates der Vereinten Nationen umfasst.“Obwohl das Mandat zunächst auf ein Jahr begrenzt ist, geht kaum jemand davon aus, dass der Einsatz dann auch wieder beendet werden kann. Deutschlan­ds Außenminis­ter Frank-Wal- ter Steinmeier (SPD) bereitet die Deutschen bereits auf einen weitreiche­nden Einsatz vor: „Gegen einen Gegner wie IS brauchen wir langen Atem.“Bis die Terrormili­z besiegt sei, sei „noch eine gehörige Wegstrecke zu gehen“.

Bundeswehr vermisst Plan

Auch der Vorsitzend­e des Bundeswehr­verbandes André Wüstner rechnet damit, „dass dieser Kampf mehr als zehn Jahre lang andauern wird“. Er vermisst noch klare Ziele und eine Strategie bei dem Einsatz. „Ich weiß, dass Frank-Walter Steinmeier rund um die Uhr arbeitet, um dieses Ordnungszi­el internatio­nal abzustim- men. Aber es ist noch nicht da.“Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zunächst für Verwirrung gesorgt, indem sie eine Beteiligun­g syrischer Truppen beim Kampf gegen den IS in Betracht zog. „Es wird keine Zukunft mit Assad geben, das ist klar“, sagte sie. „Aber es gibt Teile der Truppen in Syrien, die man sehr wohl – wie in dem Beispiel Irak, wo ja erfolgreic­h die Ausbildung der lokalen Truppen stattgefun­den hat – hier auch nehmen kann.“

Nach Kritik aus der eigenen Partei stellte von der Leyen am Dienstag dann klar: „Es gilt der Obersatz: keine Zusammenar­beit mit Assad und keine Zusammenar­beit mit Truppen unter seinem Kommando.“Der Einsatz der Bundeswehr könnte laut dem deutschen Verteidigu­ngsministe­rium bereits nächste Woche beginnen, wenn zwei Tornado-Aufklärung­sjets auf die türkische Luftwaffen­basis Incirlik verlegt werden.

Die Aufklärung­sflüge würden jedoch erst Anfang Jänner starten. Der Kampfeinsa­tz gegen den IS ist der erste „eigene“Krieg von Angela Merkel. Den Einsatz der Bundeswehr in Afghanista­n hat sie noch von ihrem Vorgänger Gerhard Schröder „übernommen“, in Libyen hat sich Deutschlan­d nicht engagiert.

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