Grüne vermuten Systemfehler
Aslan: Bei sexueller Belästigung zu milde Strafen
Wien – Die Grünen vermuten, dass sexuelle Belästigung im öffentlichen Dienst systematisch zu milde geahndet wird. Die Abgeordneten Berivan Aslan und Sigrid Maurer brachten am Dienstag eine parlamentarische Anfrage an alle Ministerien ein, um die derzeit bestehende Praxis in solchen Fällen zu ermitteln. Hintergrund der Anfrage ist der Fall eines Professors der Wirtschaftsuniversität Wien, der über Jahre hinweg mehrere seiner Studentinnen sexuell belästigt hat.
Die dem Wissenschaftsministerium unterstehende Disziplinarkommission hat den Professor in 13 Fällen verurteilt und eine Geldstrafe in der Höhe von vier Monatsbezügen verhängt, ihn aber nicht entlassen. Die Universität hat sich daraufhin mit ihrem Mitarbeiter auf eine vierjährige Karenzierung geeinigt. Der Disziplinaranwalt, der im Verfahren als eine Art Opfervertreter fungiert, hat gegen die Entscheidung der Disziplinarkommission keine Beschwerde eingelegt.
Begründet hatte er dies in Antworten auf Medienanfragen damit, dass er kein strengeres Er- kenntnis zu einer vergleichbaren Tat kenne. Auch in einer Anfragebeantwortung an den VSStÖ schreibt das Wissenschaftsministerium, dass der Disziplinaranwalt die Entscheidung der Kommission nach Durchsicht der Vorjudikatur für schuldangemessen hält.
„Wir hegen den Verdacht, dass es sich bei dem milden Urteil für den WU-Professor nicht um einen Einzelfall handelt, sondern um ein strukturelles Problem der Disziplinarkommissionen“, sagt Aslan zum STANDARD. Deshalb würden die Grünen nun alle Fälle von sexueller Belästigung bei den Disziplinarkommissionen prüfen. Sie wolle herausfinden, ob systematisch zu milde geurteilt werde, sagt Aslan.
Zur Erklärung: Im öffentlichen Dienst hat laut Beamtendienstrecht jede oberste Dienstbehörde eine Disziplinarkommission einzurichten. Sie entscheidet über Dienstpflichtverletzungen der Beamten. Aslan und Maurer wollen nun von allen Ministerien wissen, wie viele Fälle von sexueller Belästigung, Belästigung und Mobbing seit 2010 jährlich von diesen Kommissionen verhandelt wurden.