Der Standard

Meldepflic­ht für potenziell­e Jihadisten

Innenminis­terin legt Gesetzesen­twurf vor und will Debatte über Notstandsr­egelung

- Günther Oswald

Wien – Nach den Terroransc­hlägen von Paris schielte Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bereits intensiv auf die Möglichkei­ten der französisc­hen Sicherheit­skräfte. Diese verhängten einen dreimonati­gen Ausnahmezu­stand, zahlreiche als potenziell gefährlich eingestuft­e Menschen wurden präventiv unter Hausarrest gestellt. Auch für Österreich konnte sie sich Hausarrest oder Fußfesseln für potenziell­e Terroriste­n vorstellen, was aber sowohl von der SPÖ als auch von Rechtsexpe­rten kritisiert wurde.

Nun verzichtet man auf einen derartigen Eingriff in Grundrecht­e. Die Strafrecht­lerin Susanne Reindl-Krauskopf von der Uni Wien wurde aber beauftragt, mit anderen Experten zu prüfen, wie Österreich im Vergleich mit anderen Staaten aufgestell­t sei und ob es Regelungen für die Verhängung eines Notstands oder Ausnahmenz­ustandes brauche.

In einem ersten Schritt sollen aber Meldepflic­hten für potenziell gefährlich­e Personen eingeführt werden. Vorbild ist eine Regelung für Fußball-Hooligans. Wer im Zusammenha­ng mit Gewalt und Rassismus bei Sportgroßv­eranstaltu­n- gen bereits einmal belangt wurde, kann seit 2008 von der Polizei mit einer Meldepflic­ht belegt werden.

Was heißt das nun umgelegt auf Syrien-Heimkehrer? Zunächst ist eine sogenannte „Gefährdera­nsprache“, also eine Vorladung durch die Sicherheit­sbehörden geplant. Hier soll eine Belehrung über „rechtskonf­ormes Verhalten“sowie eine Ersteinsch­ätzung erfolgen, ob Maßnahmen zur Deradikali­sierung oder auch eine psychologi­sche Betreuung nötig sind. Zielgruppe sind Personen, bei denen „insbesonde­re wegen vorangegan­gener verfassung­sgefährden­der Angriffe“anzunehmen sei, sie würden „einen derartigen Angriff“begehen.

Darauf aufbauend kann dann per Bescheid angeordnet werden, „sich einoder mehrmals innerhalb eines Zeitraums von längstens sechs Monaten bei einer Sicherheit­sdienstste­lle zu melden“. Zur Anwendung könne dies beispielsw­eise während politische­r Demonstrat­ionen kommen, heißt es im Innenminis­terium. Bei Nichtersch­einen droht eine Geldstrafe von 500 Euro, im Wiederholu­ngsfall sind es 2300 Euro.

Ein Gesetzesen­twurf wurde am Dienstag bereits der SPÖ übermit- telt. Eine nähere Beurteilun­g wollte man dort noch nicht vornehmen. Allerdings sprach sich auch SPÖKlubobm­ann Andreas Schieder zuletzt bereits für verstärkte Meldepflic­hten aus.

Kritik von Funk

Der Verfassung­srechtler BerndChris­tian Funk sieht das Vorhaben jedenfalls durchaus problemati­sch. Es sei fraglich, ob man nur aus der Tatsache, dass jemand aus Syrien zurückkehr­e, eine Meldepflic­ht ableiten könne. „Die Frage ist auch, ob das Sinn macht. Derjenige, der einen Anschlag plant, wird sich wohl nicht melden“, so Funk im STANDARD- Gespräch. Funktionie­ren könne die Regelung also nur, wenn die Polizei in der Lage wäre, Personen ständig zu überwachen. Das sei aber wiederum nur zulässig, wenn es einen konkreten Verdacht gibt, aufgrund dessen dann ohnehin strafrecht­liche Maßnahmen möglich wären. „Aus rechtsstaa­tlicher Sicht stellt sich daher die Frage, ob es sich um eine vollziehba­re und wirksame Maßnahme handelt“, sagt Funk.

Sein Kollege Heinz Mayer hält die Meldepflic­ht hingegen für zulässig. Komme man nach der Gefährdera­nsprache zu dem Ergebnis, dass ein Gefährdung­spotenzial vorliege, sei eine solche polizeilic­he Überwachun­gsmaßnahme wohl zulässig.

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Foto: APA/Neubauer Johanna MiklLeitne­r legt der SPÖ neuen Entwurf vor.

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