Richter gegen Staatsschutzgesetz
Entwurf sei „Mogelpackung“, auch Anwälte warnen
Wien – Das geplante Staatsschutzgesetz war am Dienstag Thema im Innenausschuss, die Verhandlungen zwischen den Parteien begannen. Bisher galt die Devise: drei Experten, fünf Meinungen. Aus dem jüngsten, schriftlichen Entwurf von SPÖ und ÖVP geht nun hervor, dass manche ursprünglich vorgesehenen Entschärfungen nicht umgesetzt werden sollen.
Wie berichtet, sollte unter anderem die Herabwürdigung des Staates aus dem Deliktekatalog des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) herausgenommen werden. Im Gesetzesentwurf ist davon aber keine Rede mehr.
Zur indirekten Herausnahme der Verfolgung von Tierschützern aus dem Verfassungsschutz gibt es unterschiedliche Interpretationen. Manche meinen, dass der Austausch des Begriffes „weltanschaulich“durch „ideologisch“Tierschützer nicht mehr zu einem Fall für den Staatsschutz mache, weil Tierschutz keine politische Ideologie sei. Kritiker sagen, dass das lediglich im Ermessensspielraum der Strafverfolgungsbehörde liege und prinzipiell Ermittlungen des Staatsschutzes gegen Tierschutzorganisationen, aber auch etwa gegen Fußballfans weiter möglich blieben.
Die Richtervereinigung ist mit dem Entwurf unzufrieden. Präsi- dent Werner Zinkl kritisiert die fehlende Einbindung der Gerichtsbarkeit. „Ich verstehe nicht, was dagegen spricht, das Ganze einer wirklichen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen“, sagt Zinkl und bezeichnet den Gesetzesentwurf als „Mogelpackung“.
Die Regierung will einen Dreiersenat als Kontrollorgan. Eine Person soll langjährige Erfahrung als Richter oder Staatsanwalt haben. Für Peter Pilz, den Sicherheitssprecher der Grünen, ist das nur die Fortführung der aktuellen Regelung mit einem Rechtsschutzbeauftragen und Stellvertretern. Auch Bernhard Fink, Vorsitzender des Arbeitskreises Grund- und Freiheitsrechte des Rechtsanwaltskammertages, spricht von „Augenauswischerei“.
V-Leute als Ermittler
Äußerst umstritten sind auch der Einsatz von V-Leuten beim Staatsschutz und die Frage, ob diese Ermittlungsbefugnisse haben sollen. „Die Gefahr ist groß, dass Jihadisten oder Rechtsextremisten die Polizei unterwandern – und nicht die Polizei sie“, sagt Pilz in Anspielung auf den deutschen NSU-Spitzelskandal.
Der Österreichische Journalisten-Club vermisst Informantenschutz und Bestimmungen zum Schutz des Redaktionsgeheimnisses. (APA, simo)