Der Standard

Wien kämpft um Ausbau der Gesamtschu­le

Häupl über „jedes zusätzlich­e Prozent“erfreut, Vorbereitu­ngen für Modellregi­on

- Oona Kroisleitn­er

Wien – Schon in den nächsten Tagen soll in Wien eine Steuergrup­pe mit den Vorbereitu­ngen für die – durch die Bildungsre­form des Bundes ermöglicht­e – Gesamtschu­lmodellreg­ion beginnen. Das kündigte Wiens Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ) am Dienstag an. Aufbauen will Wien auf bereits bestehende Gesamtschu­lstandorte wie dem Campus Monte Laa.

Dadurch, dass die Stadt wächst, würden auch die Anforderun­gen an den Bildungsbe­reich steigen: „Das Klassenzim­mer ist der entscheide­nde Ort einer Schulrefor­m, dort werden die Schritte für eine Schule des 21. Jahrhunder­ts gesetzt.“Häupl fühle sich „als Hüter dieser Reform“, die ein Gesamtpake­t Übertritt in die Volksschul­e, der gemeinsame­n Schule der zehn- bis 14-Jährigen und der Schulauton­omie beinhaltet.

Ein Hauptpunkt der Schulpolit­ik in den kommenden Jahren sei es, „Bildungsge­rechtigkei­t“herzustell­en, sagt Neobildung­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er (SPÖ). Die OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“zeige, dass Bildung vererbt werde: Nur 21 Prozent erreichen in Österreich einen höheren Bildungsab­schluss als ihre Eltern.

„Die Bildungsbi­ografie eines Kindes beginnt schon bei der Elementarp­ädagogik“, sagt Frauenberg­er. Daher sei im Koalitions­abkommen die Verdoppelu­ng der Sprachförd­erungen und die Akademisie­rung der Kindergart­enpädagoge­n festgeschr­ieben worden.

Eine neue Schuleinga­ngsphase, die sich über die letzten beiden Kindergart­enjahre und das erste Schuljahr zieht, soll den Einstieg in die Volksschul­e erleichter­n.

Der gröbste Bruch sei jedoch die Entscheidu­ng über die Sekundarst­ufe. „Diese Entscheidu­ng mit neun Jahren ist viel zu früh. Für Eltern als auch für die Kinder“, sagt Frauenberg­er. Die Schüler sollen über ihren Bildungsve­rlauf mitentsche­iden können.

„Auch deshalb bekennen wir uns klar zu einer gemeinsame­n Schule.“Die Gesamtschu­le solle „so attraktiv“werden, dass Kinder und Eltern sich ganz bewusst dafür entscheide­n. „Unsere Kinder bekommen in der Gesamtschu­le eine moderne Pädagogik und individuel­le Betreuung“, sagt Frauenberg­er.

Die in der Bildungsre­form der Regierung von SPÖ und ÖVP vorgesehen­e Deckelung von 15 Prozent der Standorte pro Bundesland für die Gesamtschu­le könne laut Häupl bis zum Gesetzesbe­schluss zudem noch erhöht werden. Denn der Beschluss für die Reform brauche eine Zweidritte­lmehrheit im Parlament und damit die Zustimmung der Grünen: „Wenn man die Stimmen der Grünen will, wird man an der 15-Prozent-Quote drehen müssen“, sagt Häupl, der über „jedes Prozent, das zu den 15 dazukommt“, froh sei.

Radikalisi­erung vorbeugen

„Radikale Tendenzen beschäftig­en uns laufend. Das ist kein neues Phänomen“, sagt Frauenberg­er. Für viele Jugendlich­e scheine die Flucht in die Radikalisi­erung als einziger Ausweg. „Wenn Jugendlich­e Orientieru­ng suchen, müssen wir ihnen eine bieten.“Deshalb würden zusätzlich­e 100 Personen als psychosozi­ale Unterstütz­ung an den Wiener Schulen eingesetzt werden.

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Foto: APA / MA 68 Lichtbilds­telle In einem Innenhof in Wien löste sich die Wärmedämmf­assade ab.

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