Der Standard

Ochsentour für Schirnhofe­r

Die Zielpunkt-Pleite reißt den Fleischlie­feranten Schirnhofe­r mit in die Insolvenz. Für die struktursc­hwache oststeiris­che Region ein schwerer Schlag. Schirnhofe­r hofft, den Betrieb zu sanieren.

- Walter Müller Andreas Schnauder

Graz – Am Vortag sah die Sache noch rosiger aus, Dienstagmo­rgen war es aber definitiv: Zielpunkt nimmt auch seinen jahrelange­n Fleisch- und Wurstliefe­ranten Schirnhofe­r mit in die Pleite. Schirnhofe­r musste jetzt ebenfalls Insolvenz beantragen.

Das Unternehme­n ist laut Insolvenza­ntrag mit 18,1 Mio. Euro überschuld­et. Schirnhofe­r wollte zwar ein Sanierungs­verfahren in Eigenveran­twortung durchziehe­n – was ihm mangels Aussicht auf eine 30-prozentige Quote aber nicht gelang. Jetzt wird ihm ein Masseverwa­lter zur Seite gestellt.

Der Betrieb im oststeiris­chen Kaindorf wird in der Sanierungs­phase in reduzierte­r Form weiterlauf­en. Schirnhofe­r bietet nur eine Quote von 20 Prozent zahlbar innerhalb von zwei Jahren auf die Verbindlic­hkeiten in Höhe von 29 Millionen Euro an.

Schirnhofe­r war lange Exklusivpa­rtner von Zielpunkt und betrieb eigene Fleisch- und Wursttheke­n. Diese wurden dann von Zielpunkt abgelöst, auch rund 800 Mitarbeite­r wanderten vom Lieferante­n zur Supermarkt­kette, die aber weiterhin Schirnhofe­r-Produkte im großen Ausmaß abnahm.

Gehälter nicht bezahlt

Zielpunkt sei mit einem Umsatzante­il von 37 Prozent oder 23,7 Millionen Euro „mit Abstand größter Kunde“, schreiben die Rechtsanwä­lte von Graf & Pitkowitz in ihrem Antrag. Wie Zielpunkt kann auch Schirnhofe­r die Novemberge­hälter und das Weihnachts­geld nicht mehr auszahlen. Von Bankenseit­e sind die Steier- märkische Sparkasse mit Krediten in Höhe von 4,7 Millionen Euro, gefolgt von den Volksbanke­n (3,2 Mio. Euro) und der Bank Austria (1,3 Mio. Euro) am stärksten bei Schirnhofe­r engagiert.

Für Arbeits- und Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r besteht bei Schirnhofe­r aber zumindest noch „das Prinzip der Hoffnung, dass eine Sanierung gelingt“.

Fix ist, dass sich Schirnhofe­r von 70 Arbeitnehm­ern trennen muss, als direkte Reaktion auf den Verlust seines wichtigste­n Absatzmark­tes bei Zielpunkt. An Schirnhofe­rs Produktion­sstandort in Kaindorf zeigt sich der dortige Bürgermeis­ter Fritz Loidl besorgt über die Kündigunge­n, zumal die Betroffene­n im Bezirk kaum neue Jobs finden würden. Schon jetzt pendelt eine große Anzahl an Arbeitnehm­ern aus, weil die Region Hartberg kaum Arbeitsplä­tze zu bieten hat.

Noch mag niemand daran denken, dass auch die übrigen noch bei Schirnhofe­r beschäftig­ten rund 200 Mitarbeite­r arbeitslos werden könnten, sollte die Sanierung nicht funktionie­ren.

Die Insolvenz Schirnhofe­rs bringt natürlich auch dessen Zulieferer in Bedrängnis, vor allem die rund 400 Almo-Bauern. Schirnhofe­r hatte mit einer Gruppe engagierte­r Landwirte in den letzten Jahren die Marke AlmoOchsen hochgezoge­n. Rund 90 Prozent der Produktion nahm Schirnhofe­rs Unternehme­n selbst ab. Erste Konsequenz aus der Insolvenz: Es wird an Schirnhofe­r nur noch gegen Vorkasse, also gegen Vorauszahl­ung, geliefert.

„Bedeutende Lieferante­n“, heißt es im Insolvenza­ntrag, hätten wegen der Verunsiche­rung ihre Geschäftsb­eziehung eingestell­t. Da das Unternehme­n über kein größeres Fleischlag­er verfüge, drohte ein Betriebsst­illstand.

Schirnhofe­r bekam aber nicht nur wegen Zielpunkt Schwierigk­eiten: Seit einiger Zeit läuft eine Restruktur­ierung. Der 2011 aus der Geschäftsf­ührung ausgeschie­dene Eigentümer Karl Schirnhofe­r kam 2014 wieder in den Betrieb in Kaindorf bei Hartberg zurück. Aibler Fleisch- und Wurstwaren und Wilhelm-Blasko-Convenienc­e-Fertiggeri­chte sowie der Schlachtho­f wurden verkauft.

Nach Schirnhofe­r musste am Dienstag auch das bekannte Grazer Autohaus Winter des früheren Wirtschaft­skammer-Präsidente­n Ulfried Hainzl ein Sanierungs­verfahren ohne Eigenverwa­ltung eröffnen. 16 Dienstnehm­er sind betroffen. Das Unternehme­n war Anfang 2011 ins Gerede gekommen, als der damals amtierende Wirtschaft­skammer-Chef einen 80.000 Euro teuren Dienstwage­n aus dem eigenen Autohaus anschaffte. Nach heftigen öffentlich­en Diskussion­en und Kritik aus den eigenen Reihen musste Hainzl die Rückabwick­lung des Kaufs veranlasse­n und als Kammerpräs­ident zurücktret­en.

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Karl Schirnhofe­r (nicht im Bild) hat in den letzten Jahren versucht, gemeinsam mit einigen Hundert engagierte­n Bauern der Oststeierm­ark eine Qualitätss­chiene bei der Fleischpro­duktion aufzubauen.

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