„Zulasten jüngerer Generationen“
Pensionen: OECD hat Zweifel an Nachhaltigkeit des Systems
Wien – Österreich hat im internationalen Vergleich ein besonders gut ausgebautes Pensionssystem. Die Bruttoersatzrate, die die Pensionsbezüge in Relation zum letzten Arbeitseinkommen setzt, liegt bei 78,1 Prozent und damit weltweit im Spitzenfeld. Der Durchschnitt der OECD-Staaten beträgt 40,9 Prozent – das geht aus einer von der Industriestaatenorganisation am Dienstag präsentierten Untersuchung hervor. Und: In Deutschland erhalten Pensionisten nur 37,5 Prozent des Aktiveinkommens. Nur Spanien mit 82,1 Prozent und die Niederlande (90,5 Prozent) liegen über dem in Österreich gewährten Niveau.
Ähnlich sind die Ergebnisse, wenn man die gesamten Pensionseinkünfte (bis zum Ableben) abzinst und in Relation zum jährlichen Durchschnittseinkommen setzt: In Österreich machen die Bezüge von Männern im Ruhestand das 13,8-Fache aus, nur in Luxemburg, Spanien, Deutschland und den Niederlanden sind sie höher. Der OECD-Durchschnitt liegt beim 9,5-Fachen.
Pensionistinnen erhalten dank längerer Lebenserwartung das 15,8-Fache des Durchschnittseinkommens – auch hier liegt Österreich im Spitzenfeld. Der OECDSchnitt beträgt 10,8. Und: Wegen des niedrigen Pensionsalters und der hohen Lebenserwartung werden die Bezüge hierzulande auch besonders lange gezahlt. Das alles schlägt sich in den Kosten nieder, die mit 13,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ebenfalls ganz weit vorn liegen. Kann sich Österreich das leisten? OECD-Expertin Monika Queisser meint, es sei eine gesellschaftspolitische Frage, ob Österreich für derart hohe Ausgaben „zulasten jüngerer Generationen“aufkommen wolle. Neben den hohen Pensionskosten verweist sie auf die Belastungen durch die Alterung für das Gesundheits- und Pflegesystem, das müsse man in einer Gesamtbetrachtung bewerten.
Um hier eine Dämpfung des Ausgabenpfads zu erreichen, plädiert Queisser für eine Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters, wobei sie auch eine raschere Angleichung des Frauenpensionsalters an jenes der Männer empfiehlt. Die Übergangsperiode von 2024 bis 2033 empfindet Queisser als „sehr lang“. Dass beispielsweise Deutschland mit deutlich niedrigeren Ausgaben für die Pensionen als Österreich das Auslangen finde, hänge nicht nur mit den höheren Leistungen beim Wechsel in den Ruhestand zusammen, sondern auch mit einem Nachhaltigkeitsfaktor. Dabei dämpft der demografische Wandel die Pensionsanpassungen. In Österreich hat zuletzt Finanzminister Hans Jörg Schelling eine Automatik ins Spiel gebracht (die gibt es eigentlich schon seit 2004, wird aber nicht praktiziert). Ihm schwebt ein an die Lebenserwartung gekoppeltes (steigendes) Pensionsantrittsalter vor. Die SPÖ hat prompt abgewinkt. Im Februar will die Koalition Maßnahmen präsentieren.
Österreich zählt zu jener Gruppe von Ländern, in denen die Frühpension weiterhin stark in Anspruch genommen wird. Trotz der diversen Restriktionen macht der Anteil der vor dem gesetzlichen Alter in den Ruhestand tretenden Personen mehr als ein Drittel aus. (as)