Der Standard

KOPF DES TAGES

Schwergewi­cht mit schwierige­r Vergangenh­eit

- Katrin Gänsler

Er ist ein großer, massiger Mann, der in den vergangene­n Wochen stets milde und ein wenig väterlich lächelnd zu sehen war. So ist Burkina Fasos künftiger Präsident Roch Marc Christian Kaboré auch auf unzähligen Wahlplakat­en gezeigt worden. Keiner der übrigen 13 Kandidaten war so präsent wie der 58-Jährige. Und niemand wirkte schon alleine wegen seiner Körperfüll­e so staatsmänn­isch wie er.

Trotzdem hat sich Roch, wie er am liebsten genannt wird, im Wahlkampf immer wieder bescheiden gegeben. Um das zu betonen, hat sich der Wirtschaft­swissensch­after, der von 1975 bis 1980 an der Universitä­t Dijon in Frankreich studierte, beispielsw­eise am Sonntag in die lange Schlange der wartenden Wähler eingereiht. Freilich wurde er nach vorne gebeten. Vor Journalist­en betonte er anschließe­nd auch, dass er das Ergebnis des Urnengangs akzeptiere­n werde.

Kaum ein aktiver Politiker im Land dürfte über mehr Erfahrung als er verfügen. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich arbeitete er kurze Zeit im Bankwesen, wurde 1989 aber zum ersten Mal von Langzeitpr­äsident Blaise Compaoré zum Minister ernannt. Unter Compaoré, der das Land 27 Jahre lang regierte und am 31. Oktober 2014 nach massiven Protesten aus der Bevölkerun­g zurücktret­en musste, gelang Kaboré eine steile Karriere. Er war Premiermin­ister (1994 bis 1996) sowie Parlaments­präsident (2002 bis 2012) und übernahm verschiede­ne Funktionen in der einstigen Regierungs­partei „Kongress für Demokratie und Fortschrit­t“. Erst im Jänner 2014 trennte er sich vom CDP.

Seine Kritiker werfen ihm deshalb vor, zu dicht am alten Regime zu sein. Aly Sanou, Vorsitzend­er der burkinisch­en Bewegung für Menschenre­chte (MBDHP), traut ihm deshalb nicht zu, den politische­n Wandel glaubhaft zu verkörpern. „Er war ein wichtiger Spieler“, kritisiert der Menschenre­chtler. Deshalb werde er wohl nur eine „alte Regierung mit neuen Köpfen“präsentier­en. Beispielsw­eise sei auch nie wirklich untersucht worden, ob Kaboré in Wirtschaft­skriminali­tät verstrickt war.

Kaboré selbst will das nicht mehr hören und tut die Anschuldig­ungen wie mit einer Handbewegu­ng ab. „Das ist doch alles längst Vergangenh­eit. Wir schauen jetzt in die Zukunft“, sagte er vor ein paar Tagen in der Hauptstadt Ouagadougo­u. Und er wird nicht müde zu betonen: „Es ist zu einem Bruch mit dem alten System gekommen.“

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Präsident Roch Marc Christian Kaboré.
F.: Reuters Burkina Fasos künftiger Präsident Roch Marc Christian Kaboré.

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