Der Standard

Ein Jihadist ist kein Hooligan

- Günther Oswald

Die Absicht der Innenminis­terin ist sicher löblich. Viele Menschen sind nach den Anschlägen von Paris zutiefst verunsiche­rt. Sie fragen sich: Sind solche terroristi­schen Attacken auch bei uns möglich? Tun die Behörden genug, um sie zu verhindern?

Die nun geplante Meldepflic­ht für potenziell­e Gefährder nach dem Vorbild der Hooligan-Regelung wird aber kaum dabei helfen können, tatsächlic­he Fanatiker zu stoppen. Jihadisten sind nicht mit Hooligans vergleichb­ar. Die Schwierigk­eit beginnt schon bei der Abgrenzung von gefährdete­n Orten. Im Fall der Hooligans ist das relativ leicht: Spiel X am Tag Y. Müssen sich die Rowdys während dieses Matches in einer Polizeidie­nststelle aufhalten, können sie im Stadion nicht für Krawall sorgen.

Für Terroriste­n gibt es aber unzählige mögliche Anschlagso­rte an jedem einzelnen Tag des Jahres. Als möglicherw­eise gefährlich eingestuft­e Personen einmal oder auch mehrmals zu einer Rechtsbele­hrung vorzuladen kann dieses Dilemma nicht lösen. Klar ist aber auch, dass Menschen, die sich nachweisli­ch im Bürgerkrie­gsgebiet Syrien aufgehalte­n haben, von den Behörden genauesten­s beobachtet werden müssen. Deradikali­sierungspr­ogramme und/oder psychologi­sche Betreuung wird in vielen Fällen nötig sein. Zur Kontakther­stellung kann auch die Meldepflic­ht sinnvoll sein. Man sollte nur nicht glauben, dass die Gefahr eines Anschlags dadurch geringer wird.

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