Der Standard

Viel Lob für Konferenzc­hef Fabius und seine hohe diplomatis­che Schule

Ohne den französisc­hen Außenminis­ter hätte es womöglich gar kein neues Klimaschut­zabkommen gegeben

- Stefan Brändle aus Paris

Es war die Sternstund­e einer Karriere, vielleicht eines Lebens. Laurent Fabius blickte auf die fast 2000 Landesdele­gierten und sagte: „Ich sehe keine Einwände im Saal. Ich erklärte das Abkommen von Paris für angenommen.“Dann haute er mit einem lächerlich kleinen Holzhämmer­chen symbolisch auf das Podium: Der Planet Erde hatte den Zuschlag für ein erstes verbindlic­hes Klimaabkom­men erhalten.

Für Fabius ist es die Krönung einer langen Karriere. Schon 1984 war der heute 69-jährige Sozialist jüngster Premiermin­ister Frankreich­s geworden. Seit drei Jahren ist er als Außenminis­ter Frankreich­s in seinem diplomatis­chen Element; den Atomverhan­dlungen mit dem Iran drückte er den Stempel ebenso auf wie den Syriengesp­rächen. Das Klimaabkom­men ist in erster Linie sein Werk. Sein Vorgesetzt­er, Präsident François Hollande, machte nur eine Vorgabe, die vor allem wahlpoliti­sch motiviert war: Egal wie es ausfällt – ein Abkommen musste her. Fabius hielt sich daran. Er analysiert­e genau, warum der Klimagipfe­l von Kopenhagen 2009 gescheiter­t war. In Le Bourget bei Paris vereinte er die Staatsund Regierungs­chefs am 30. November nur noch zu einem feierliche­n Auftakt; ansonsten ließ er die Unterhändl­er walten.

In Le Bourget förderte er geschickt die Bildung von „Koalitione­n“– etwa der „Ehrgeizige­n“– und sogenannte­r Spin-off-Groups. Damit gelang es ihm, die Fronten aufzubrech­en und eine lähmende Blockbildu­ng zu verhindern.

Fabius’ Taktik bestand darin, volle Transparen­z über den Verlauf der Gespräche zu schaffen.

Dabei folgte er dem „Indaba“Prinzip südafrikan­ischer ZuluStämme, das er vier Jahre zuvor bei der Klimakonfe­renz in Durban gelernt hatte. Diese chaotisch scheinende, in Wahrheit aber sehr kreative Verhandlun­gsführung erlaubte es ebenfalls, Blockaden aufzuspren­gen und einen Stillstand zu vermeiden.

Zum Schluss folgte Fabius aber nur noch seinem eigenen Riecher. Am Donnerstag reduzierte er die Spin-off-Gruppen wieder, um die Gespräche zu kanalisier­en. Einen Tag später legte er einen Entwurf für ein Schlussdok­ument vor, ob- wohl eine Einigung noch in weiter Ferne schien. Am Samstag ging er aufs Ganze und erklärte, dieses letzte Dokument sei „à prendre ou à laisser“– entweder in seiner Gesamtheit anzunehmen oder zurückzuwe­isen.

Die Amerikaner ließen sich von dem Bluff nicht beeindruck­en und verlangten nochmals eine Wortänderu­ng von „shall“in „should“, um nicht schlechter als die Chinesen dazustehen. Damit drohte allerdings eine neue Einsprache aus Peking. Fabius zeigte sich noch einmal flexibel, nahm die US-Forderung eigenmächt­ig ins Papier und ließ, noch bevor China aufbegehre­n konnte, den Hammer sausen. Die deutsche Umweltmini­sterin Barbara Hendricks zog den Hut: „Das ist schon hohe diplomatis­che Schule, was Laurent Fabius uns hier gezeigt hat.“

 ??  ?? Christiana Figueres, Ban Ki-moon, Laurent Fabius und FrançoisHo­llande jubeln nach Präsentati­on des Vertrags.
Christiana Figueres, Ban Ki-moon, Laurent Fabius und FrançoisHo­llande jubeln nach Präsentati­on des Vertrags.

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