In Burundi wächst die Angst vor Bürgerkrieg
Dutzende Leichen von offenbar Hingerichteten auf Straßen in Hauptstadt Bujumbura
Bujumbura – Was genau in der Nacht auf Samstag in Burundis Hauptstadt Bujumbura passiert ist, war auch am Sonntag noch nicht geklärt. Bestätigt war aber, dass in den Morgenstunden des Samstags mehrere Dutzend Leichen in den Straßen gefunden wurden, nachdem es tags zuvor einen Angriff Oppositioneller auf drei Armeebasen gegeben hatte.
Die Regierung spricht von insgesamt 87 Toten und erklärt, dass es sich bei diesen um die Angreifer vom Freitag gehandelt habe, die bei den Kämpfen mit der Armee „neutralisiert“worden seien. Man habe sie vorerst in den Straßen liegen lassen müssen, weil es keine geeigneten Fahrzeuge für den Abtransport gebe, fügte der Sprecher von Präsident Pierre Nkurunziza, Karewa Ndenzako, hinzu. Die Opposition wies darauf hin, dass die Toten nicht bei Kämpfen getötet worden sein können – viele hatten die Hände hinter dem Rücken gefesselt. Bilder internationaler Fotoagenturen bestätigten diese Beobachtung.
Düstere Warnungen
Auch sagten Nachbarn der Toten mehreren westlichen Journalisten, dass es sich keineswegs nur um Regierungsgegner und schon gar nicht um Militante gehandelt habe. So sollen auch mehrere Jugendliche erschossen worden sein. Die Armee habe die Leichen als eine Art düstere Warnung in den Straßen liegen gelassen.
Schon vor der jüngsten Gewaltwelle hatte es mehrfach Berichte gegeben, wonach Mitglieder der Sicherheitskräfte und des Jugend- flügels der regierenden Hutu-Partei CNDD-FDD, der Imbonerakure, in Häuser eingedrungen seien und mutmaßliche Oppositionsmitglieder dort erschossen hätten.
Gezielte Exekutionen von Oppositionellen waren auch am Anfang der aktuellen Gewaltwelle gestanden. Sie folgten damals auf große – und zum Teil selbst gewalttätige – Demonstrationen gegen Pläne der Regierungspartei, Präsident Nkurunziza entgegen der bisher gültigen Verfassung eine dritte Amtszeit zu ermöglichen. Nach einem gescheiterten Putschversuch im Mai setzte sich die CNDDFDD durch: Nkurunziza wurde in einem umstrittenen Votum im Juli wieder zum Staatschef gewählt.
Zwar hat die aktuelle Gewalt vor allem politische Hintergründe. Die Angst davor, dass der Vielvölkerstaat wieder in ethnischer Gewalt versinken könnte, ist aber groß. Ein Bürgerkrieg zwischen den Volksgruppen im Land – die größten sind wie im benachbarten Ruanda Hutu (85 Prozent) und Tutsi (14 Prozent) – hatte bis 2005 mindestens 300.000 Menschenleben gekostet. Der Berater der UN zur Genozidverhütung, Adama Dieng, warf in der BBC kürzlich beiden Seiten vor, ethnische Gegensätze für politische Zwecke zu missbrauchen. Vermittlungsversuche afrikanischer und europäischer Staaten haben kaum Ergebnisse gebracht. Westliche Staaten haben angesichts der Gewalt angekündigt, die Finanzhilfen für die Regierung zu streichen. Das eröffnet ein neues Dilemma: Denn weniger Ressourcen könnten im Zehn-Millionen-Einwohner-Staat, der ein Drittel der Fläche Österreichs misst und im Human Development Index der UN auf Platz 180 von 187 liegt, zu neuen Verteilungskämpfen führen.