Wiener Hauptbahnhof: Glatter Start am ersten Tag
Geschäftsleute am degradierten Westbahnhof fürchten Umsatzeinbußen durch fehlenden Fernverkehr
Wien – Um 5.55 Uhr endete am Sonntag die Vormachtstellung des Wiener Westbahnhofs. Zu diesem Zeitpunkt setzte sich nämlich der erste ÖBB-Intercity Richtung Salzburg in Bewegung – vom Wiener Hauptbahnhof weg. Ab nun werden alle Fernzüge der Bundesbahnen dort starten oder durchfahren. Bewohner des westlichen Wiens, die dem Westbahnhof auch 156 Jahren nach seiner Eröffnung die Treue halten wollen, müssen die Garnituren der privaten Westbahn nehmen, wenn sie nicht durch die halbe Bundeshauptstadt nach Favoriten oder Wien-Meidling fahren wollen.
Die Umstellung selbst funktionierte problemlos, alle Züge waren pünktlich. Am Westbahnhof waren die Auswirkungen der De- gradierung aber schon zu beobachten. Die Stimmung dort war beschaulich, fast gedrückt. Wo sonst täglich tausende Passagiere Tickets, Zeitungen oder Reiseproviant kaufen und sich eilig den Weg zu „ihrem“Zug bahnen, herrschte am ersten Tag des Winterfahrplans ungewöhnliche Stille. Da die Dichte an Regionalzügen sonntags überschaubar ist, fehlten die ÖBB-Schnellzüge und Fahrgäste doppelt.
Ein Student blickte fluchend zwischen den Anzeigetafeln und seinem Smartphone hin und her. Er hatte vergessen, dass der Railjet nach Salzburg nicht mehr vom Westbahnhof abfährt, sondern vom neuen Hauptbahnhof.
Besorgt kreisten auch die Blicke eines Kebabstandbesitzers in der spärlich frequentierten Halle. „Weniger Fahrgäste, weniger Geschäft“, sagt er mit dem Hinweis, dass Pendler wohl den einen oder anderen Einkauf tätigten, „aber für Essen und Getränke sind die Fernreisenden wichtig.“Die hohen Umsatzmieten müsse man trotzdem zahlen.
„Endlich ist hier was los“, strahlt dagegen die Verkäuferin in einem Süßwarengeschäft in der Eingangshalle des Wiener Hauptbahnhofs. Seit dem Morgen registriert sie spürbar mehr Kundschaft als an den Sonntagen bisher. Die Frequenz dürfte noch steigen, denn ab Montag werden zu den Fernreisenden tausende Pendler kommen.
Gravierende Auswirkung könnte die ÖBB-Umstellung auf die westlichen Bundesländerflughäfen haben. Künftig werden pro Tag knapp 60 Schnellverbindungen von Salzburg über den Hauptbahnhof direkt zum Airport WienSchwechat fahren, in Linz kann sogar eingecheckt werden. (moe, ung)
ihre