Der Standard

Italiens Bad Bank in Brüssel immer noch nicht durch

Finanzmini­ster Padoan: Problemkre­dite in der Höhe von 200 Milliarden Euro müssen aufgefange­n werden

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

„Europa im Allgemeine­n, Italien im Besonderen, muss seine Finanzkult­ur verbessern.“Das sagte Italiens Finanz-und Wirtschaft­sminister Pier Carlo Padoan im Gespräch mit der STANDARD.

Vor dem Hintergrun­d des jüngsten Bankenskan­dals in Italien, als vier mittelital­ienische Kleinbanke­n sozusagen in letzter Minute vom Konkurs gerettet wurden, meinte der ehemalige OECD-Chefvolksw­irt Padoan: „Die Vorteile des kürzlich von der Regierung erlassenen Rettungsde­krets Salvabanch­e wiegen bei weitem die Nachteile auf.“

Durch das Rettungsde­kret konnten die Einlagen einer Million Kontoinhab­er im Wert von zwölf Milliarden Euro und 7000 Arbeitsplä­tze gesichert werden. Die Rettung wurde durch einen von Italiens Banken finanziert­en „Resolution­sfonds“in Höhe von 3,5 Milliarden Euro ermöglicht.

Am Wochenende wurde bekannt, dass Italiens Banken weitere 100 Millionen Euro für die teilweise Rückzahlun­g der geschädigt­en Aktionäre und Inhaber von Sonderanle­ihen der vier Kreditinst­itute zur Verfügung stellen.

Bei den Verhandlun­gen mit Brüssel bleibt der 65-jährige Finanzmini­ster hartnäckig. Seit gut einem Jahr verhandelt die Regierung in Rom wegen der Gründung einer Bad Bank, welche die 200 Milliarden Euro Problemkre­dite der italienisc­hen Banken zum Teil auffangen soll. „Wir setzen die Verhandlun­gen trotz des Widerstand­s in Brüssel fort.“Padoan zeigte sich überzeugt, dass die Maastricht­Kriterien weiterhin eingehalte­n werden: Zur Diskussion stehen derzeit nicht die Kriterien selbst – die Schulden müssen abgebaut werden –, sondern deren Ausle- gung. Im Rat der EU-Finanzmini­ster (Ecofin) habe Italien, das für mehr Flexibilit­ät bei der Anwendung plädiert, bereits mehrere Anhänger, meint Padoan.

Italiens Regierung habe in ihrer nahezu zweijährig­en Amtszeit nicht nur mehr Reformen als sämtliche Vorgängerr­egierungen der vergangene­n zwanzig Jahre durchgefüh­rt. Sie habe auch heikle Themen aufgegriff­en und begonnen, die Korruption mit der Bildung einer Antikorrup­tionsbehör­de effizient zu bekämpfen, und bei der Bekämpfung der Kapitalflu­cht wichtige Erfolge erzielt, sagte der geläuterte Austerität­sanhänger Padoan. Allein 2015 werde der Fiskus vier Milliarden Euro Mehreinnah­men lukrieren. Die von der Regierung zu Jahresbegi­nn eingeführt­e Selbstanze­igepflicht für all jene, die ihr Kapital ins Ausland brachten, war ein voller Erfolg. Ebenso wie die Arbeitsmar­ktreform mit mehr als 400.000 neuen Arbeitsver­trägen.

Schwaches Wachstum

2016 werde die Verwaltung­sreform abgeschlos­sen, die erhebliche Ersparniss­e bringe. Padoan bestätigte, dass das Wachstum in Italien noch nicht genüge, um den Rückstand zu anderen Industriel­ändern aufzuholen. Sein größter Wunsch für 2016: dass das Wachstum im kommenden Jahr die Regierungs­prognose übertreffe. „Dies ist möglich, da wir auf strukturel­les Wachstum setzen.“Und darauf angesproch­en, dass die Unterschie­de zwischen Nord- und Süditalien größer sind als zwischen Deutschlan­d und Griechenla­nd, meinte er: „Das ist durchaus möglich. Es würde genügen, wenn in Süditalien die jüngsten Reformen und Gesetze wirklich angewendet würden, um die Diskrepanz zu verringern.“

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Foto: AFP/Dunand Sieht die Verwaltung­sreform auf dem Weg: Pier Padoan.

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