Der Standard

Kein Stolpern in die Haftung

Antwort auf Kritik am Sozialbetr­ugsbekämpf­ungsgesetz

- Walter Neubauer

Wien – Georg und Michael Röhsner kritisiert­en im Standard (7. 12. 2015), dass durch das neue Sozialbetr­ugsbekämpf­ungsgesetz (SBBG) Auftraggeb­er von sogenannte­n Scheinunte­rnehmen für die Löhne von Arbeitnehm­ern aus Arbeitslei­stungen, die im Rahmen der Beauftragu­ng erbracht werden, haften können und der Begriff „Sozialbetr­ug“auch die Anstellung von Familienan­gehörigen in einem Unternehme­n, die dort keine oder nur untergeord­nete Leistungen erbringen, umfasst.

Richtig ist, dass ein Auftraggeb­er eines Scheinunte­rnehmens dann haftet, wenn er sich dessen bewusst oder grob fahrlässig bedient. Aber Scheinunte­rnehmen verfügen in aller Regel über keine Firmenadre­ssen; bei deren Auftreten ist schon mit Händen zu greifen, dass es sich um keine seriöse Firma handelt. Die Beauftragu­ng eines Scheinunte­rnehmens wird regelmäßig mit Vorsatz oder doch grober Fahrlässig­keit geschehen; damit ist die im SBBG geregelte Haftung gerechtfer­tigt.

Die Haftung erfordert jedenfalls, dass der Auftraggeb­er wusste oder wissen musste, dass es sich um ein Scheinunte­rnehmen handelt. Das Tatbestand­selement „wissen musste“erfordert die Vorwerfbar­keit des Verhaltens des Auftraggeb­ers und ist einem grob fahrlässig­en Verhalten gleich zu setzen. Es muss ein Verhalten sein, das nur bei besonders nachlässig­en oder leichtsinn­igen Menschen vorkommt. Damit ist ausgeschlo­ssen, dass ehrliche Unternehme­r in eine derartige Haftung hineinstol­pern.

Zu Anstellung­en von Familienan­gehörigen merken die Autoren selbst an, dass sich keine neue Rechtslage ergibt. Die Sorge, dass Gebietskra­nkenkassen derartige Anstellung­en künftig verstärkt bekämpft werden, ist unbegründe­t. Sie werden sich auf die Bekämpfung von Scheinunte­rnehmen konzentrie­ren.

WALTER NEUBAUER ist Arbeitsrec­htsexperte im Sozialmini­sterium.

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