Der Standard

Das filmische Doppel, das am besten hält

Charlotte Rampling und Michael Caine erhielten beim Europäisch­en Filmpreis gemeinsam vier Preise – Triumph für „Ewige Jugend“

- Dominik Kamalzadeh aus Berlin

„Danke für den Job. Das nächste Mal werde ich mehr Geld verlangen!“Sir Michael Caine hat gerne das letzte Wort. Der britische Schauspiel­star war mit 82 Jahren die witzigste, jugendlich­ste Erscheinun­g bei der Gala des Europäisch­en Filmpreise­s: „Ich habe noch nie einen Preis in Europa bekommen, und jetzt gleich zwei!“Caine erhielt den Ehrenpreis der Filmakadem­ie, wenig später durfte er sich auch noch über die Auszeichnu­ng als bester Darsteller in Ewige Jugend (Youth) freuen.

Der Italiener Paolo Sorrentino hat dem Briten die Rolle eines Komponiste­n, der im Alter lieber den Kühen auf der Weide zuhört, auf den Leib geschriebe­n. Schon in den Alpen, am Set von Ewige Jugend, habe er mit seinem Film- partner Harvey Keitel die besten Erfahrunge­n gemacht. Nicht alle Schauspiel­er seien angenehme Menschen, sagte Caine in der Pressekonf­erenz: „Mit Harvey verbindet mich meine Vergangenh­eit als Infanteris­t der Armee. Solche Leute halten zusammen!“

Doppelt hält besser, das war das Motto am Samstagabe­nd im Haus der Berliner Festspiele: Denn auch Caines Kollegin Charlotte Rampling wurde gleich zwei Mal geehrt, einmal für ihr Lebenswerk, einmal für ihren Part als ernüchtert­e Ehefrau in Andrew Haighs 45 Years. Rampling hatte schon am Vorabend Einblicke in ihre Arbeitswei­se erlaubt. Das Geheimnis ihrer Anverwandl­ungen erklärte sie mit den Erfahrunge­n, die sie mit ihren Leinwandfi­guren teilt. Sie wolle in diesen wohnen, anstatt nur deren Verhalten nach außen zu tragen. Und: „I’m not into happy endings!“Auch dies mache sie ziemlich europäisch.

Auf der Gala selbst suchte man den verbindend­en Gedanken mehr in der Diversität – eine Reaktion auf die Flüchtling­skrise, die in Deutschlan­d praktizier­te Willkommen­skultur. Berlin wurde als Kreuzungsp­unkt der Kulturen inszeniert, die Filmbranch­e als Beweis erfolgreic­hen Miteinande­rs. Eine Geste, die spätestens dann etwas bemüht wirkte, als zu europäisch­en Werte- und Demokratie­bekenntnis­sen gerappt wurde. Triftiger der Appell von Daniel Brühl: Er forderte die Freilassun­g des ukrainisch­en Regisseurs Oleg Senzow, der in Russland im Gefängnis sitzt.

Christoph Waltz wurde für seine Verdienste im Weltkino geehrt, sozusagen als europäisch­es Exportgut. In seiner Dankesrede gab der jüngste Bond-Bösewicht preis, wie viel seiner Karriere er dem Glück verdanke: „Hundert Prozent“, da habe er keinen Zweifel. Veronika Franz’ und Severin Fialas avancierte­r Horrorfilm Ich seh Ich seh ging in der Kategorie Entdeckung des Jahres zwar leer aus (hier gewann Deniz Gamze Ergüvens Mustang), dafür wurde Kameramann Martin Gschlacht ausgezeich­net.

Im Duell um den Gewinner des Abends setzte sich Sorrentino­s Ewige Jugend gegenüber Yorgos Lanthimos’ The Lobster im Verhältnis 3: 2 durch. Der Italiener wurde wie schon für La grande bellezza als bester Regisseur und für den besten Film prämiert. The Lobster erhielt den Preis für das beste Buch und das beste Kostüm. Beide Filme eint, dass sie als englischsp­rachige Koprodukti­onen für ein transnatio­nales Modell einstehen. In beiden spielt – man kann es als Symbol sehen – ein Kurhotel eine prominente Rolle.

Dass eine so wesentlich­e Arbeit wie Miguel Gomes’ Triptychon 1001 Nacht, das sich mit Portugal während der Wirtschaft­skrise befasst, nur am Rande eine Rolle spielt, bleibt indes eines der Probleme des Europäisch­en Filmpreise­s. Es sollte auch eine AkademieEh­rung für die hellhörigs­te Produktion des Jahres geben.

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Foto: Bilan/APA Souverän: Charlotte Rampling und Michael Caine in Berlin.

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