Mensdorffs Hobeln ohne Späne
Wofür genau eine Million Euro von der Telekom Austria an Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly geflossen ist, kann auch ein Gutachten im TetronProzess am Montag nicht klären. Das Honorar sei aber überhöht gewesen.
Wien – Wofür wohl die Million geflossen ist? Ein mit Spannung erwartetes Gutachten im sogenannten Tetron-Prozess rund um die Vergabe des Blaulichtfunks von Einsatzkräften konnte diese Frage am Montag nicht beantworten. Es geht um 1,1 Millionen Euro aus der Kassa der Telekom Austria, überwiesen an eine Firma des Lobbyisten Alfred Mensdorff-Pouilly. Der Lobbyist mit ausgezeichneten Kontakten zu ÖVP-Kreisen habe die Telekom zur Zeit der schwarzblauen Regierung „beraten“, so rechtfertigen sich Erstangeklagter Mensdorff und Zweitangeklagter Rudolf Fischer, der dazumal Telekom-Vorstand war.
Der Zuschlag für das Blaulichtfunkprojekt ging dann an ein Konsortium, an dem auch die Telekom beteiligt war. Welche Beratungen Mensdorffs dem Unternehmen nun konkret 1,1 Millionen Euro wert waren, darüber konnten beide Angeklagten nur vage – und widersprüchliche – Angaben machen. Sie beriefen sich darauf, dass neben dem Blaulichtfunk auch Osteuropa-Geschäfte der Telekom Gegenstand der Beratungen waren.
Keine Spuren
Der Sachverständige Georg Jeitler fand jedenfalls „keine Anhaltspunkte“auf etwaige von Mensdorff erbrachte Leistungen – keine schriftlichen Analysen, keine Risikoeinschätzungen, keine Briefings. Jeitler spricht gar von einem „amateurhaften Vorgehen“Mensdorffs und ortet einen Interessens- konflikt: Dieser habe nämlich auch für Telekom-Konkurrent Motorola gearbeitet, ohne dies offenzulegen – für einen Lobbyisten ein hochriskantes, weil imagegefährdendes Vorgehen.
Die Verteidiger sahen sich durch den engen Zeitplan des Gerichts in ihren Rechten beschnitten: Erst ein – für die Angeklagten belastendes – Gutachten, wenig später die Urteilsverkündung, so war es vorgesehen. Zu wenig Zeit, um das Gutachten zu studieren und an Fragen an den Sachverständigen zu tüfteln, befanden die Anwälte, die vom Gericht die Vertagung der Verhandlung verlangten. Der Schöffensenat unter Richter Michael Tolstiuk wies das allerdings ab, woraufhin die Verteidiger bemüht waren, das Gutachten zu relativieren.
So verwies Fischers Anwalt Otto Dietrich auf die Aussage sei- nes Mandanten, wonach jene Unterlagen, die Mensdorffs Arbeit dokumentierten, vernichtet worden seien. Ob der Gutachter also ausschließen könne, dass es eine Dokumentation gegeben habe? „Absolut nicht“, so Jeitler, er könne nur mit dem Material arbeiten, das sich im Gerichtsakt befinde. Seiner Erfahrung nach gebe es aber neben vernichteten Akten üblicherweise auch andere Hinweise auf eine Leistung – etwa E-Mail-Korrespondenz, so Jeitler. Doch auch hier schien zu gelten: Wo Mensdorff hobelte, fielen keine Späne.
Der Sachverständige hatte sich auch der Frage gewidmet, inwieweit 1,1 Millionen Euro für die von Mensdorff und Fischer genannten Leistungen angemessen waren. Er verglich den Auftrag mit den Sätzen einer bekannten Wiener Lobbyingfirma – und kam zum Schluss, dass Mensdorff ungewöhnlich gut verdiente. Rund 75.000 Euro wären für Osteuropaund Tetron-Beratungen „argumentierbar“gewesen, meint Jeitler. Zwar seien für besonders risikoreiche Projekte auch großzügige Aufschläge denkbar, so der Gutachter – ob diese hier angemessen waren, sei eine Frage der Beweiswürdigung durch das Gericht. Dieses zog sich Montagabend zur Urteilsfindung zurück, ein Urteilsspruch lag bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor.
Im Falle eines Schuldspruchs wegen Untreue (Fischer) und Beitrag zur Untreue (Mensdorff) drohen den Angeklagten, die alle Vorwürfe bestreiten, bis zu zehn Jahre Haft. Fischer ist zudem wegen falscher Beweisaussage im Korruptionsuntersuchungsausschuss angeklagt. Es gilt die Unschuldsvermutung.