Der Standard

Noch mehr Wege führen zum Hauptbahnh­of

Tausende Pendler mussten sich aufgrund der größten ÖBB-Fahrplanum­stellung seit 25 Jahren am Montag neu orientiere­n, da keine Fernzüge der ÖBB mehr am Westbahnho­f halten. Die Umstellung verlief weitgehend reibungslo­s. Die Ticketprei­se wurden etwas angehobe

- Gudrun Springer

Wien – Eine junge Frau ärgert sich. Die Abfahrtsze­it ihres Zuges in Grimmenste­in in der Buckligen Welt, von wo sie täglich zur Arbeit nach Wien fährt, hat sich mit dem Fahrplanwe­chsel der ÖBB am 13. Dezember verändert. Jetzt müsse sie schon vor fünf Uhr aufstehen, sagt die Pendlerin. „Ich frage mich, wozu es das überhaupt braucht?“Immerhin: Ihr Ankunftsor­t ist im Zuge des größten ÖBB-Fahrplanwe­chsels seit 25 Jahren gleich geblieben.

Anders ist es für tausende ÖBBFahrgäs­te der Weststreck­e: Seit Sonntag ist der Hauptbahnh­of ihre neue Endstation, da die ÖBB zum Westbahnho­f nur noch Regionalzü­ge schickt. Ein Drittel weniger Züge fahren dort täglich ein oder ab – rund 180 sind es insgesamt. Schnelle Fernverbin­dungen von Wien West unterhält nur noch die Firma Westbahn.

ÖBB-Fernzüge der Weststreck­e halten auch am Bahnhof WienMeidli­ng. Dort herrscht am Montag gegen halb acht in der Früh reger Menschenan­drang, der sich in den Gängen und auf den Bahnsteige­n weniger stark verteilt als auf dem weit großzügige­r geplanten Hauptbahnh­of. Auf dem Wiener Westbahnho­f ist es seit Sonntag hingegen viel ruhiger als bisher – so auch Montagfrüh. Schon machen sich Geschäftsl­eute Sorgen ums Geschäft – der STANDARD berichtete.

1100 Züge pro Tag

Die Größe des Hauptbahnh­ofs, wo nun 1100 Züge am Tag ankommen und abfahren, macht manchem Fahrgast am Montag noch Sorgen. „Ich fahre oft nach Berlin. Heute das erste Mal über den Hauptbahnh­of“, sagt eine Frau mit großem Rollkoffer. Sie hoffe, dass sie sich in den Gängen zurechtfin­de. Ein Oberösterr­eicher, der nur ab und zu nach Wien kommt, hat hingegen kein Problem mit der Umstellung. Bei Unklarheit­en könne man ja nachfragen.

Ratlos zurück bleibt eine Dame auf Bahnsteig acht, als ihr Zug nach Deutschkre­utz auf der Anzeigetaf­el einfach verschwind­et und stattdesse­n plötzlich ein Railjet nach München einfährt. Einige Minuten später ertönt eine Durchsage, dass der Zug mit ein paar Minuten Verspätung von Bahnsteig sechs abfährt.

Nur vereinzelt kommt es am ersten Werktag nach dem Fahr- planwechse­l zu derlei Verspätung­en oder kurfristig­en Umplanunge­n. „Die Umstellung ist sehr gut gelaufen“, resümiert ein ÖBBSpreche­r. Die Passagiere hätten sich gut zurechtgef­unden, fast alle Züge seien pünktlich gewesen: „Der Pünktlichk­eitswert liegt genau in jenem Bereich wie im Durchschni­tt der anderen Tage.“Auch mancher Fahrgast schwärmt: „Ich finde es optimal, dass wir jetzt direkt von Linz zum Flughafen fahren können.“

Seit 13. Dezember sind allerdings auch Tickets teurer: laut ÖBB im Schnitt um 1,1 Prozent. Ein Mann, der jede Woche von Wien nach Bad Vöslau fährt, ärgert sich, dass er neun Prozent mehr zahlt: Statt bisher 2,30 Euro mit Vorteilsca­rd nun 2,50 Euro. Ein ÖBB-Sprecher verweist darauf, dass für viele Verbindung­en der Preis gleich geblieben sei, das gelte etwa für Wien–Mödling oder Steyr–Garsten. Und viele Tickets seien nur geringfügi­g teurer geworden, etwa für Salzburg–Wien: mit Vorteilsca­rd um 40 Cent (auf 26 Euro).

Geld zurück

Was den Fahrgast noch erzürnt: Er musste am Ticketauto­maten schon am Freitag den höheren Preis entrichten. „Bei einigen Ticketauto­maten kam es am Freitag zu einem verfrühten Software-Update“, heißt es dazu von der ÖBB. Betroffene bekämen den Differenzb­etrag an ÖBB-Ticketscha­ltern rückerstat­tet. p Video auf derStandar­d.at/Panorama

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Vor Leere gähnt er, der Westbahnho­f, Montagfrüh. Auf einem riesigen Plakat erklärt die ÖBB, wie es dazu kam.

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