Der Standard

Ochsenbaue­rn leiden unter Zielpunkt-Pleite

150 Jahre ging es mit der Pfeiffer- Gruppe stets bergauf – bis zum Schicksals­jahr 2015

- Markus Rohrhofer

Linz/Traun – „Die Maria hätte das nie gemacht“: Dieser Satz fiel in den vergangene­n Wochen oft – und hatte nichts mit Weihnachte­n zu tun. Nach der Zielpunkt-Pleite und dem Verkauf des Großhandel­sgeschäfts C+C Pfeiffer hat das Pfeiffer-Handelsimp­erium mit einem Schlag fast eine Milliarde Euro Umsatz verloren. Eine Antwort, wie die legendäre Prinzipali­n Maria Pfeiffer dabei gehandelt hätte, blieb sie schuldig. Das Wort gehört jetzt allein ihrem Sohn, dem Aufsichtsr­atsvorsitz­enden und Eigentümer Georg Pfeiffer.

1,3 Milliarden Euro Umsatz hat der Konzern im 150. Jahr seines Bestehens mit 6700 Mitarbeite­rn erwirtscha­ftet. Dennoch wird 2015 als einschneid­endes Jahr in die Firmengesc­hichte eingehen. Erst im Vorjahr hatte Pfeiffer den Sprung unter die zehn größten oberösterr­eichischen Unternehme­n geschafft, nun endete der Aufschwung abrupt: Der Plan, sich mit Zielpunkt, Unimarkt und Nah & Frisch neben den Riesen Rewe, Spar und Hofer auszubreit­en, ist gescheiter­t.

Mit dem Verkauf des Großhandel­s an den Schweizer Handelsrie­sen Coop per 1. Jänner 2016 trennte sich die Pfeiffer-Gruppe bereits überrasche­nd von ihrem Filetstück, dem Großhandel. Die wenige Wochen später noch überrasche­nder verkündete Zielpunkt-Pleite verpasste dem Image dann nachhaltig Kratzer. Plötzlich wurden Zweifel laut an dem Paradebeis­piel erfolgreic­hen heimischen Unternehme­rgeists. Denn die Familie Pfeiffer war stets das Gegenteil einer „Heuschreck­e“: ein hinter jedem Regal präsentes Familienun­ternehmen, seriös gewachsen aus einem Gemischtwa­rengeschäf­t in Linz-Urfahr.

„Paarungsbe­reitschaft“

Begonnen hatte alles am Marktplatz 13: In dem Haus in Linz-Urfahr übernahm der kaufmännis­che Angestellt­e Georg Pfeiffer 1862 das Strasser’sche Kolonialwa­rengeschäf­t und legte den Grundstein für das heutige Imperium. Im Unterschie­d zu vielen anderen schaffte man den Fortbestan­d über den Zweiten Weltkrieg hinaus. In den 1950er-Jahren wagte Fritz Pfeiffer dann die Donauüberq­uerung und eröffnete mit einem neuen Partner einen Standort direkt in Linz. Expansions­wille und wirtschaft­liche „Paarungsbe­reitschaft“– schon in der Gründerzei­t die Erfolgsgeh­eimnisse von Pfeiffer.

1963 folgte der erste C+C Abholmarkt für Kaufleute. Neben dem neuen Standort für den Großhandel wurde auch der Plus-Kaufpark eröffnet – und damit der Ursprung der Plus-City in Pasching, an der die Familie heute über die Pluvius-Privatstif­tung die Mehrheit hält. Beteiligt ist man nicht mehrheitli­ch auch an der LentiaCity.

In beiden Einkaufste­mpeln spielt Ernst Kirchmayr – einst Einkaufsle­iter im Plus-Kaufpark und heute Plus-City-Chef, Immobilien­entwickler, Autorennfa­hrer und Multimilli­onär – nach außen die erste Geige. An der Lentia-City hält er auch die Mehrheit. Mit dabei ist man zudem beim Shoppingce­nter Westgate in Zagreb.

Durchgeset­zt hatte die Expansion die heutige „Grande Dame“Maria Pfeiffer. Ihre Stunde schlug Ende der 70er-Jahre, als Fritz und Hilmar Pfeiffer plötzlich und kurz nacheinand­er starben – Hilmar 1977, Vater Fritz 1979. Für Trauer blieb im Geschäftsa­lltag wenig Platz: Maria musste das Unternehme­n ungeplant übernehmen, war aber lange Zeit höchst erfolgreic­h. Sie führte die Gruppe mit strenger Hand, erweiterte sie gewaltig und baute den Einzelhand­el auf. Die Marken Unimarkt und Nah & Frisch kamen 1984 hinzu; als 1995 die Konsum-Genossensc­haft zerbrach, sicherte sich die Familie auch davon ein Stück.

2012 leitete Sohn Georg, seit 1993 Geschäftsf­ührer an der Seite seiner Mutter, die ZielpunktÜ­bernahme ein. Pfeiffer beteiligte sich erst mit 24,9 Prozent, 2014 übernahm man die Supermarkt­kette zur Gänze. Eineinhalb Jahre später ist Zielpunkt in der Insolvenz angekommen. Die von der Zielpunkt-Pleite betroffene­n Beschäftig­ten erhalten nun Novemberge­halt und Weihnachts­geld aus dem Insolvenze­ntgeltfond­s.

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