Der Standard

Hitlers gefährlich­es Buch

Urheberrec­ht erlischt Ende des Jahres – Arte-Dokumentat­ion um 20.15 Uhr

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Wien – 70 Jahre nach dem Tod Adolf Hitlers erlischt das Urheberrec­ht des Freistaats Bayern auf Mein Kampf. Ab 2016 ist es möglich, die Hetzschrif­t nachzudruc­ken – der STANDARD berichtete ausführlic­h. Diesen Umstand nimmt der Dokumentar­ist Manfred Oldenburg heute, Dienstag, 20.15 Uhr auf Arte, zum Anlass, die Veröffentl­ichung angesichts der Opfer infrage zu stellen: „Ist dies eine unerträgli­che Provokatio­n, wenn die Pläne des Mörders ihrer Familie offen für jedermann zugänglich sind?“

In Antiquaria­ten und Web ist das Buch erhältlich, im freien Handel bisher nicht. Die Inhalte haben Sprengkraf­t, sagt der Historiker Christoph Hartmann. Er sieht die Gefährlich­keit der Ideologie in den mehr als 700 Seiten „gut versteckt“und „lange Zeit unterschät­zt“.

Der Film erzählt die Genese des Buches, wie Hitler einen inneren Monolog niederschr­eibt, der sich anfangs nur schlecht verkauft. Erst als Hitler Reichskanz­ler wird, explodiere­n die Verkaufsza­hlen. Allein 1933 werden 900.000 Bücher verkauft. Am Ende beträgt die Gesamtaufl­age zwölf Millionen Bücher. Überlebend­e des Holocaust kommen zu Wort.

Kommentier­te Ausgabe

Nach 1945 wollten die Menschen nichts mehr mit dem Buch zu tun haben, und auch heute ist es ein Tabuthema, mit dem man nicht so recht umzugehen weiß: Der bayrische Ministerpr­äsident Horst Seehofer drohte, wer das Buch publiziere, werde strafrecht­lich überprüft. Damit sabotierte er gleichzeit­ig ein ambitionie­rtes Projekt des deutschen Instituts für Zeitgeschi­chte, das die Hetz- schrift in einer 2000-seitigen kommentier­ten Ausgabe Anfang Jänner herausbrin­gt.

Die Anbindung zur Gegenwart drängt sich auf: Flüchtling­e kommen ins Land, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel wird beschimpft, 2015 brennen Asylheime. Die Wut auf alles Fremde war zentrales Thema in Mein Kampf. „Wir neigen dazu, dass wir uns über Hitler lustig machen, weil wir befürchten, dass etwas von ihm in uns schlummert“, sagt die Politologi­n Barbara Zehnpfenni­g.

Mein Kampf. Das gefährlich­e Buch ist ab Mittwoch, dem 16. Dezember, auf Flimmit abrufbar. ORF 2 strahlt die 52-minütige Doku am 17. Jänner um 23.05 Uhr aus. Um 0.00 Uhr steht die Aufzeichnu­ng Helmut Qualtinger liest „Mein Kampf“aus dem Jahr 1985 auf dem Programm. (prie) p derStandar­d.at/Etat

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Hitler soll 1924 Teile von „Mein Kampf“auf einer Reiseschre­ibmaschine dieses Typs getippt haben.

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