Der Standard

Startschus­s für Banken- Strukturbe­reinigung

Krisen, neue Regularien und Kapitalanf­orderungen bringen erstmals seit langem Veränderun­g in die österreich­ische Bankenland­schaft. Die nicht ganz freiwillig­e Rosskur der Bank Austria ist nur ein Teil davon.

- Renate Graber

Die Landschaft beginnt sich zu verändern. Seit vielen Jahrzehnte­n ist Österreich von einem dichten Bankfilial­netz überzogen. Kaum ein Ort, in dem nicht eine Bank, eine Sparkasse, eine Raiffeisen­kasse zu finden ist oder, auch nicht selten, gleich alle drei. „Österreich ist overbanked“lautet die gängige Zustandsbe­schreibung dazu.

Doch nun tun sich, auch abseits der Bank-Austria-Filialbere­inigung, erste Risse im Netz auf. Bankenkris­en wie die der Hypo Alpe Adria und des Volksbanke­nsektors befördern die Strukturbe­reinigung. Bedingt durch die ÖVAGRettun­g durch den Staat (inzwischen ist die ÖVAG zu einer Abbaugesel­lschaft geworden) wur- den die „kleinen“Volksbanke­n, die sich diese Rettung nicht leisten konnten, in einen Haftungsve­rbund gedrückt. Das Korsett ist noch enger als jenes, in dem die Sparkassen unter ihrem Spitzenins­titut Erste Bank schon seit Jahren stecken und das auch immer fester gezurrt wird. Zudem werden die zuletzt rund 40 Volksbanke­n bis Ende 2017 zu acht Regionalba­nken zusammenge­schmolzen. Streng vorgegeben wird das den Instituten durch die „FusionsRoa­dmap“des neuen Verbunds, im kommenden Jahr stehen 19 Zusammensc­hlüsse an.

Auch der dreistufig­e Raiffeisen­sektor (Raiffeisen­kassen – Landesbank­en – Raiffeisen Zentralban­k und Raiffeisen Bank Internatio­nal, RBI) rückt nolens volens enger zusammen. Vor allem die RBI- Probleme in Osteuropa stellen den Sektor vor eine große Herausford­erung, und die heißt: Eigenkapit­al stärken – oder schrumpfen.

Pläne hat der Sektor unter dem Giebelkreu­z bereits ausgearbei­tet: Die RBI soll mit ihrer Miteigentü­merin RZB und der Raiffeisen­landesbank Niederöste­rreich/Wien zusammenge­bracht werden.

Weitere Fusionen auf Landesbank­ebene sind angedacht – bis September 2016 sollte das alles in trockene Tücher gebracht werden, denn damit könnte man die Umstruktur­ierung rückwirken­d per 1. Jänner 2016 in Geltung setzen.

Neue Konkurrent­en

Das Umstechen des grünen Raiffeisen­ackers befindet sich allerdings noch im Stadium des Konjunktiv­s, denn: Wichtige Funktionär­e und Manager der nach NÖ/ Wien zweitgrößt­en Landesbank, der RLB Oberösterr­eich, stemmen sich dagegen. Angeblich wollen sie, dass im Gegenzug das IT-Geschäft in Oberösterr­eich angesiedel­t werden soll.

Regionale Machtinter­essen gegen Strukturre­form, könnte man sagen.

Dabei erwächst den Geldinstit­uten weltweit Konkurrenz aus einer ganz anderen Ecke. Die großen Internetko­nzerne à la Google und Apple haben längst die Bedeutung des Zahlungsve­rkehrs „als Schlüssel für die Universalb­ankstruktu­r erkannt“. Und wer das ignoriere, werde Probleme bekommen, analysiert­e das WU-Professor Stefan Pichler vor kurzem im STANDARD- Interview.

Einer der stärksten Motoren für die Konsolidie­rung der Bankenbran­che ist – neben den niedrigen Zinsen – allerdings die Politik. Strenge Eigenkapit­alvorschri­ften und Regularien bringen die Branche dazu, weniger Risiko einzugehen – sie konzentrie­rt sich aufs Geschäft mit geringeren Margen. In Österreich kommt noch die hohe Bankenabga­be dazu, die von der Bilanzsumm­e berechnet wird.

Mitten in diese Gemengelag­e hinein platzt nun die Bank Austria (BA) mit ihrer Rosskur. Ausgelöst wurde diese durch die Mailänder Mutter Unicredit. Sie wollte das defizitäre Filialgesc­häft der BA verkaufen, Bawag-Aktionär Cerberus hat ein Angebot gelegt. BAVorstand und Belegschaf­t haben gegen den Verkauf gekämpft; sie dürfen das Filialgesc­häft nun selbst sanieren.

Am Dienstag gab Bankchef Willibald Cernko die Eckdaten bekannt: 70 von 190 Filialen werden bis 2018 zugesperrt, 300 Mio. Euro muss das Institut bis 2018 einsparen. Wie viele Jobs das kosten wird, verriet Cernko nicht. Fix ist aber der Abbau von rund 1000 Mitarbeite­rn durch Pensionier­ungen und Teilverkäu­fe. Die Kunden sollen all das nicht spüren, ihnen versprach er „mehr Bequemlich­keit, Qualität und Verfügbark­eit“in weniger, aber größeren Filialen und im Internet.

Zudem müssen sich 3300 altgedient­e Bank-Austrianer von ihrer Bankpensio­n verabschie­den. Sie werden, wie berichtet, ins staatliche System geschubst, über die Details wie Abschlagsz­ahlungen werden sie laut Betriebsra­tschef Adolf Lehner bald informiert (siehe Interview). Das Definitivu­m allerdings (macht unkündbar) wird nicht angetastet. Es wird Umbauarbei­ten und Strukturwa­ndel (aus jetziger Sicht) überleben: Der letzte definitiv gestellte BA-Mitarbeite­r wird 2042 in Pension gehen.

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Die Bank Austria schließt 70 von 190 Filialen und begibt sich auf Sparkurs. Ein Weg, der auch anderen Geldinstit­uten vorgezeich­net ist.

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