Riads neuer Antiterrorkampf
Saudi-Arabien bildet zusammen mit 33 islamischen Ländern eine militärische Allianz zur Bekämpfung des Terrorismus. Das gemeinsame Operationszentrum wird in Riad eingerichtet. Die Mitgliedschaft verpflichtet nicht zu bewaffneten Einsätzen.
Riad/Kairo – Seit König Salman Anfang des Jahres das Zepter im Königreich übernommen hat, spielt Saudi-Arabien seine Rolle als Regionalmacht nicht nur bei geheimen Verhandlungen hinter den Kulissen, sondern engagiert sich auch verstärkt als treibende Kraft auf dem regionalen Parkett – sei es militärisch, wie im Krieg im Jemen, oder auch politisch, wie mit der Konferenz der syrischen Opposition vergangene Woche in Riad.
Neuester Coup war am Montagabend die überraschende Ankündigung durch Salmans Sohn Mohammed, stellvertretender Kronprinz und Verteidigungsminister, dass Saudi-Arabien eine Koalition von 34 islamischen Ländern gebil- det habe, um Terror aller Gruppen und Organisationen – egal welcher Sekte – gemeinsam zu bekämpfen. Das betreffe nicht nur den „Islamischen Staat“(IS), sondern „jede Terrororganisation, die vor uns auftaucht“, präzisierte Mohammed bin Salman anlässlich einer Pressekonferenz.
Iran und Irak fehlen
Die Liste ist umfangreich. Sie enthält arabische Länder, die Golfstaaten, aber auch die Türkei, Pakistan, Malaysia sowie mehrere muslimisch geprägte afrikanische Staaten. Zehn weitere islamische Länder – darunter Indonesien – würden die Koalition unterstützen und könnten später beitreten, meldete die saudische Nachrichtenagentur. Die neue Allianz beruft sich auch auf die Charta der Organisation für Islamische Staaten, die alle ihre Mitglieder auffordert, im Kampf gegen den Terror jeder Art zusammenzuarbeiten. Zu den großen Abwesenden aus der Nachbarschaft gehören der Erzrivale Iran, der Irak sowie Oman.
Details, wie diese Allianz funktionieren soll, ließ Mohammed bin Salman weitgehend offen. Bekannt ist bisher lediglich, dass in der saudischen Hauptstadt ein „Operationszentrum“eingerichtet werden soll.
Als konkrete Kampagnen, die für diese Koordinationsaufgabe in Betracht kommen, nannte der Verteidigungsminister den Kampf gegen den Terrorismus im Irak, in Syrien, Libyen, Ägypten und Afghanistan. Auf Nachfrage präzisierte er, dass die Teilnahme an bewaffneten, militärischen Einsätzen für die einzelnen Mitglieder nicht bindend sei; es gehe hauptsächlich um die Koordination.
Auch das Königreich selbst befindet sich im Visier der Jihadisten des IS, die sich zum Ziel gesetzt haben, die autoritären Monarchien der Region zu stürzen. Viele Saudis kämpfen in den Reihen des IS, und die Führung in Riad befürchtet, dass sie aus Syrien und aus dem Irak kommend einsickern könnten. In den vergangenen Monaten hat der IS bereits die Verantwortung für mehrere tödliche Selbstmordanschläge auf zumeist schiitische Moscheen im Osten des Landes übernommen.
Unklare Positionierung
Unklar bleibt, in welcher Beziehung die neue Allianz zu bereits bestehenden steht, etwa der USgeführten gegen den IS, der 65 Länder angehören und die seit über einem Jahr Luftschläge gegen den IS im Irak und zum Teil in Syrien unternimmt. Vor allem nach den Terroranschlägen von Paris war im Westen Kritik laut geworden, die Staaten der Region müssten selbst mehr gegen den IS tun.
Salman meinte lediglich, es werde eine internationale Koordination der wichtigsten Mächte und internationalen Organisationen in Bezug auf die Operationen im Irak und in Syrien geben.
Im Frühjahr hatte die Arabische Liga schon einen Beschluss gefasst, eine gemeinsame schnelle Eingreiftruppe aufzustellen. Bis jetzt ist dieses Projekt aber nicht über die Planungsphase hinausgekommen.
Ob die Welt eine neue große militärische Länderallianz gegen den – nicht näher definierten – Terrorismus braucht, sei dahingestellt: Es wäre im Moment schon ganz nützlich, wenn alle staatlichen Akteure, die in die Konflikte im Vorderen Orient verstrickt sind, wirklich ernsthaft gegen den „Islamischen Staat“und die ihm zugrunde liegende Ideologie vorgingen.
Saudi-Arabien zum Beispiel, das die neue Initiative, der 34 Staaten angehören, ins Leben gerufen hat, fuhr zuletzt seine Beteiligung an der US-geführten Anti-IS-Allianz zurück. Dafür gibt es Gründe: das gleichzeitige militärische Engagement im Jemen, aber auch die generelle Unzufriedenheit mit der US-Nahostpolitik. Dass Russland ein ganz großes Bündnis schmieden will, kommt in Riad auch nicht gut an. Also macht sich der junge Verteidigungsminister, Vizekronprinz und Königssohn Mohammed bin Salman in der ihm eigenen aktivistischen Art eben sein eigenes.
Man könnte es auch als Unterorganisation der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) definieren: Draußen bleiben jene Länder, in denen andere als sunnitische Muslime – etwa Schiiten – politische Macht haben. Das macht die neue Allianz trotz der großen Anzahl an Mitgliedern zu einer exklusiven. Und das Auswahlkriterium legt die Botschaft nahe, dass, obwohl die entgleisten Jihadisten von IS und Al-Kaida nun als Problem identifiziert sind, auch „die Schiiten“irgendwo auf der Terrorliste stehen.