Der Standard

Inseratenb­udget „wird um zehn Millionen reduziert“

Das Inseratenb­udget der Stadt Wien wird bis 2020 um insgesamt 50 Millionen Euro gekürzt, sagt der grüne Klubchef David Ellensohn. Beim neuen Wahlrecht habe man noch nicht den Idealzusta­nd erreicht.

- David Krutzler

INTERVIEW:

STANDARD: Am Donnerstag wird im Landtag das neue Wiener Wahlrecht beschlosse­n. Der mehrheitsf­ördernde Faktor, der bei der vergangene­n Wahl SPÖ und FPÖ begünstigt hat, wird halbiert. Wie beurteilen Sie den Kompromiss? Ellensohn: Wir haben jahrelang darum gekämpft, dass es verbessert wird. Jetzt ist es so weit. Es hätte auch schneller gehen können, dann hätten wir uns Johann Gudenus als Vizebürger­meister erspart. Es gibt eine Annäherung an das, was wir immer wollten, dass jede Stimme gleich viel wert ist.

STANDARD: Die Grünen forderten immer eine gänzliche Streichung des mehrheitsf­ördernden Faktors. Bleibt das weiter Ihr Ziel – oder hat sich dieses Thema erledigt? Ellensohn: Wir haben nicht den Idealzusta­nd erreicht, aber einen großen Schritt gesetzt. Die größte Ungerechti­gkeit aber ist, dass sehr viele Menschen in Österreich null Wahlrecht haben, weil es ÖVP und die Freiheitli­chen so wollen. Es gibt in Wien 350.000 EU-Bürger und Drittstaat­sangehörig­e, die auf Landtagseb­ene nicht wahlberech­tigt sind. Das kann Wien nicht reparieren, wir brauchen eine Änderung der Bundesverf­assung.

STANDARD: Im Frühjahr hat Ihr Koalitions­partner SPÖ die Wahlrechts­reform verhindert, indem er den Grünen Şenol Akkılıç vor der Abstimmung im Landtag von einem Wechsel zur SPÖ überzeugte. Wie sehr hat das die rot-grüne Beziehung beschädigt? Ellensohn: Uns war es wichtig, dass wir in den Koalitions­verhandlun­gen ein Ergebnis finden und am Donnerstag, im ersten Landtag der neuen Legislatur­periode, umsetzen.

STANDARD: Haben die rot-grünen Irritation­en noch Auswirkung­en? Ellensohn: Wir haben jetzt RotGrün II. Gestern ist gestern. Wir schauen nach vorne, 2016 bis 2020. Wie es der SPÖ geht, muss man die SPÖ fragen. Mir geht es gut, den Grünen geht es gut, und wir haben ein gutes neues Wahlrecht.

STANDARD: Einige Grüne verlangten im Frühjahr die Aufkündigu­ng der Koalition – etwa der heutige grüne Landesspre­cher Joachim Kovacs. Wieso sprachen sich die Grünen dagegen aus? Ellensohn: Damals sind wir zum Schluss gekommen, dass es am besten für Wien ist, wenn die Grünen in der Regierung sind und der SPÖ helfen, sie unterstütz­en und eigene Ideen einbringen. Es ist für die Stadt hundert Mal g’scheiter, wenn die Grünen regieren, statt einen rot-schwarzen Stillstand zu haben. Wir sehen ja dieses Spektakel im Bund, das die da jede Woche bei ihren gemeinsame­n Pressekonf­erenzen abliefern.

STANDARD: Wie steht es um die Reduzierun­g des Inseratenb­udgets der Stadt um ein Drittel? Ellensohn: Die kommt, wie es Bürgermeis­ter Michael Häupl und Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou angekündig­t haben.

STANDARD: Von welcher Summe soll welche Summe eingespart werden? Ellensohn: Ein Drittel des Volumens, das der Presse- und Informatio­nsdienst PID an Inseraten geschaltet hat, wird eingespart. Wir reden von 30 Millionen Euro, davon wird um ungefähr zehn Millionen Euro reduziert.

STANDARD: Wie soll das kontrollie­rt werden können? Laut SPÖ-Klubchef Christian Oxonitsch tragen die einzelnen Ressorts etwa 50 Prozent zu den Werbeausga­ben bei. Ellensohn: Wir werden im kommenden Jahr in der Transparen­zdatenbank genau sehen, wie viel Geld ausgegeben wurde. Dort steht jetzt: rund 30 Millionen Euro. Auf die nächsten fünf Jahre wollen wir diese Summe um ein Drittel kürzen. An den Details, wie genau wir das machen, arbeiten wir noch. Das Ziel ist, in dieser Legislatur­periode 50 Millionen Euro einzuspare­n.

STANDARD: Der SPÖ-nahe Compress-Verlag hat für die Stadt Auslandsbü­ros betrieben – und damit sehr gut verdient. Die Grünen haben vor der Wahl Aufklärung über rund 40 Millionen Euro Gewinne seit 2005 gefordert – und versteckte Parteienfi­nanzierung vermutet. Wissen Sie, wo diese Gelder „versickert“sind, wie Grün-Mandatar Martin Margulies sagte? Ellensohn: Was eine private Firma macht, kann weder der Rechnungsh­of noch das Kontrollam­t kontrollie­ren. Aber wir haben eines erreicht: Das, was die Stadt bisher 14,5 Millionen Euro pro Jahr gekostet hat, machen wir jetzt selbst – und es kostet nur noch 9,5 Millionen Euro. Wir haben es geschafft, ohne Leistungse­inbußen fünf Millionen Euro jährlich einzuspare­n. Was der Compress-Verlag vorher mit seinen Gewinnen gemacht hat? Nein, das weiß ich nicht. STANDARD: Sie haben aber Aufklärung gefordert. Ellensohn: Ich würde es immer noch gerne wissen. Aber eine private Firma ist mir keine Rechenscha­ft schuldig.

STANDARD: Wieso haben Sie es dennoch öffentlich gefordert – und vor der Wahl eine grüne Zusage zum Fortbestan­d der Auslandsbü­ros davon abhängig gemacht? Ellensohn: Weil es mich trotzdem interessie­ren würde. Ich würde gerne wissen, wo die Gewinne des Compress-Verlags hingegange­n sind. Wenn es jemand weiß: bitte mir ein Mail schreiben oder mich anrufen.

STANDARD: Wie erklären Sie dieses Einsparung­spotenzial ohne Leistungsk­ürzung dem Steuerzahl­er? Ellensohn: Wir waren schon 2005 gegen den Compress-Vertrag. Da muss man die fragen, die damals dafür gestimmt haben. Das war die SPÖ allein. Ich kann nicht für die Fehler von anderen die Verantwort­ung übernehmen.

Das Wahlrecht hätte auch schneller gehen können. Dann hätten wir uns Johann

Gudenus als Vizebürger­meister

erspart.

DAVID ELLENSOHN (52), geboren in London, ist seit 2010 Klubobmann der Grünen im Wiener Gemeindera­t.

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Laut David Ellensohn werden die geplanten Einsparung­en bei den Inseraten der Stadt Wien in Höhe von zehn Millionen Euro pro Jahr ab 2016 in der Transparen­zdatenbank nachvollzi­ehbar ausgewiese­n.

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