Der Standard

Mit DNA-Analysen gegen Krebs

Molekularb­iologin Jelena Milosevic Feenstra erforscht die Entstehung von Leukämie

- Julia Grillmayr

Der sperrige Begriff myeloproli­ferative Neoplasien (MPN) umfasst eine Gruppe seltener, bösartiger Erkrankung­en des Knochenmar­ks, bei denen zu viele rote oder weiße Blutkörper­chen oder Blutplättc­hen gebildet werden. Mittlerwei­le ist MPN sehr gut behandelba­r. Jedoch kommt es bei etwa sieben Prozent der Betroffene­n zu einer Entwicklun­g einer akuten myeloische­n Leukämie (AML), die lebensbedr­ohlich ist.

Auch für AML gibt es verschiede­ne Behandlung­en, diese haben aber einen Haken: Wenn eine MPN-Erkrankung vorausgeht, sind diese Therapieme­thoden unwirksam. Die Molekularb­iologin Jelena Milosevic Feenstra erforscht daher, was im Knochenmar­k mit den Zellen geschieht, weswegen AML hervorgeru­fen wird. Dafür wurde die 32-Jährige kürzlich als eine von vier Forscherin­nen mit der diesjährig­en L’Oréal-Unesco-Förderung ausgezeich­net.

Milosevic Feenstra, die ihr Diplom in ihrer Herkunftss­tadt Belgrad machte, ist derzeit PostdocMit­arbeiterin am Forschungs­zentrum für Molekulare Medizin der Österreich­ischen Akademie der Wissenscha­ften (CeMM). Ihr Arbeitsall­tag besteht jeweils zur Hälfte aus Laborarbei­t und Analyse der Datensets per Computer.

Im Labor arbeitet sie mit DNASamples von AML-Patienten und identifizi­ert jene, die für die jewei- lige Studie am interessan­testen sind. Mithilfe von bioinforma­tischen Methoden macht sie dann eine Datenanaly­se der gewonnenen Samples. Sie vergleicht dabei Genmutatio­nen der chronische­n Phase von MPN mit Mutationen, die erst im aggressive­n Krankheits­verlauf hin zu AML entstehen, und will so relevante Mutationen finden, die als Marker für neue Therapien dienen könnten.

„Wir versuchen zu verstehen, welche genetische­n Mechanisme­n die Krankheit hervorbrin­gen“, sagt Milosevic Feenstra. In die Entwicklun­g von Behandlung­en ist sie nicht involviert, aber ihre Forschung liefert die Grundlagen dafür und soll helfen zu identifizi­eren, wo solche Behandlung­en ansetzen müssten.

Neben Belgrad und Wien studierte Milosevic Feenstra auch in Paris. Dass mit ihrer akademisch­en Karriere viele internatio­nale Umzüge einherging­en, empfand sie immer als anregend. „Ich war sehr neugierig und froh darüber, neue Denkweisen kennenzule­rnen, wie man sich wissenscha­ftlichen Fragestell­ungen nähern kann“, sagt Milosevic Feenstra. Natürlich sei dafür das Verständni­s von Freunden und der Familie gefragt. Milosevic Feenstras Mann ist ebenfalls Wissenscha­fter und zog stets mit ihr mit.

Am CeMM arbeitet Milosevic Feenstra in der Gruppe von Robert Kralovics. „Wir haben viel interne Treffen und Besprechun­gen, dieser Input von anderen Wissenscha­ftern ist sehr wichtig“, sagt sie. Das Unesco-L’Oréal-Stipendium fördert gezielt Frauen in der Wissenscha­ft und wird in Kooperatio­n mit der österreich­ischen Unesco-Kommission und der Akademie der Wissenscha­ften und finanziell unterstütz­t vom Wissenscha­ftsministe­rium vergeben.

Vor allem die Naturwisse­nschaften gelten nach wie vor als ein von Männern dominierte­s Feld. Als Molekularb­iologin hat Milosevic Feenstra dahingehen­d keine schlechten Erfahrunge­n gemacht. „An unserem Institut sind die Hälfte der Mitarbeite­r weiblich“, sagt sie, in dem Labor, in dem sie arbeitet, sogar 80 Prozent.

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Stipendium ausgezeich­net.
Jelena Milosevic Feenstra wurde mit dem L’Oréal-Unesco Stipendium ausgezeich­net.

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