Der Standard

Was von der US-Notenbank erwartet wird

Die US-Notenbank Fed sollte am Mittwochab­end nach sieben Jahren von ihrer Nullzinspo­litik abkehren. Für die einen gerade rechtzeiti­g, andere fürchten jedoch, dass der beste Zeitpunkt bereits verpasst wurde.

- Alexander Hahn

Wien – Punktlandu­ng. Auf den Tag genau vor sieben Jahren, am 16. Dezember 2008, hat die US-Notenbank Fed in allerhöchs­ter Not ihren Leitzins an die Nulllinie geführt. Nun wird allgemein erwartet, dass ihre Chefin Janet Yellen am Mittwochab­end die seither erste Zinserhöhu­ng bekanntgeb­en wird – und damit einen Schlussstr­ich unter die Nullzinspo­litik ihres Hauses ziehen wird.

Sieben Jahre sind ein langer Zeitraum, insbesonde­re wenn die US-Wirtschaft währenddes­sen intensivme­dizinische Rundumbetr­euung durch die Geldpoliti­k – zusätzlich zum Nullzins hatte die Fed drei billionens­chwere Anleihenka­ufprogramm­e durchgefüh­rt – benötigt hatte. Im Dezember 2008, wenige Wochen nachdem die Lehman-Pleite das gesamte Finanzsyst­em ins Wanken gebracht hatte, wähnten Optimisten die Weltwirtsc­haft am Rande des Abgrunds, Pessimiste­n waren gedanklich einen Schritt weiter.

Hemdsärmel­iges Eingreifen

Zum Glück und nicht zuletzt dank des hemdsärmel­igen Eingreifen­s von Yellens Vorgänger Ben Bernanke hat sich dies nicht bewahrheit­et. Nach einer kurzen, aber tiefen Rezession schwenkte die US-Wirtschaft ab 2010 wieder auf Erholungsk­urs. Doch eine ähnliche Konjunktur­dynamik wie vor der Krise wollte sich partout nicht mehr dauerhaft einstellen.

Zwar wuchs die US-Wirtschaft zuletzt mit 2,2 Prozent auf Jahressich­t noch immer ansehnlich, jedoch mit verringert­er Schlagzahl gegenüber den Vorquartal­en. Dabei zeigte sich der große Dienstleis­tungssekto­r in guter Verfassung, während die US-Industrie noch immer Anzeichen von Schwäche an den Tag legt. Die Inflation hielt sich in den vergangene­n Monaten um die Null, zog im November aber auf 0,5 Prozent an. Die Arbeitslos­enrate als nachlaufen­der Indikator zeigte zuletzt mit fünf Prozent tendenziel­l Verbesseru­ngen.

Jedenfalls ist es für die meisten Experten an der Zeit, an der Zinsschrau­be zu drehen. „Eine Norma- lisierung der Zinsen erscheint durchaus gerechtfer­tigt“, meint Fondsmanag­er Angel Agudo von Fidelity Internatio­nal. „Denn die amerikanis­che Wirtschaft wächst mit moderatem Tempo, und die Arbeitslos­enquote nähert sich der Zielgröße.“

Aber es gibt auch mahnende Worte: „Eine Zinswende zu diesem Zeitpunkt könnte ein Fehler sein“, befürchtet etwa Ariel Bezalel vom Fondsanbie­ter Jupiter. Seiner Ansicht nach hätte dieser Schritt bereits früher erfolgen sollen, noch bevor die Finanzmärk­te von den Unsicherhe­iten der vergangene­n Monate erfasst worden seien. „Sollte die Fed die Zinsen erhöhen, könnte sie diese Entscheidu­ng noch bereuen.“

Für Bezalel ist jedenfalls klar, dass die US-Zinsen nicht in den Himmel wachsen werden. „Wir glauben nicht an den Beginn einer großen Normalisie­rung, sondern schätzen die Lage vielmehr so ein, dass die Zinsen noch für lange Zeit auf niedrigem Niveau verharren werden.“Seine Erwartung begründet er mit der hohen Staatsvers­chuldung von 103 Prozent des BIPs und der Erwartung auch künftig geringen Wachstums.

Erfolgreic­her Abschluss

Dennoch scheint Yellen nun gefordert, zumindest den Versuch einer Normalisie­rung der USGeldpoli­tik auf Schiene zu bringen. Aber erst wenn sich diese dauerhaft einstellt, kann die FedChefin den beherzten Feuerwehre­insatz ihres Vorgängers Bernanke aus dem Jahr 2008 zu einem erfolgreic­hen Abschluss bringen.

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