Der Standard

Bankenrett­ung wird für Italiens Premier zum Bumerang

Mit der Rettung von vier maroden Regionalba­nken hat Italiens Premier Matteo Renzi die größte Vertrauens­krise seiner Amtszeit ausgelöst. Tausende Kleinanleg­er fühlen sich um ihre Ersparniss­e geprellt.

- Dominik Straub aus Rom

„Wir haben keine Leichen im Keller, und wir haben auch niemandem eine Vorzugsbeh­andlung angedeihen lassen“, versichert­e Matteo Renzi zum Abschluss einer Diskussion­sveranstal­tung in Florenz dem Publikum. Der italienisc­he Premier war sichtlich nervös. Denn vor dem Konferenzg­ebäude protestier­ten tausende Sparer gegen die Regierung. „Banken gerettet, Kleinanleg­er enteignet“oder „Almosen, nein danke“war auf den Transparen­ten zu lesen.

Renzi muss in diesen Tagen gerade erleben, wie eine gut gemeinte Not-Interventi­on zu einem fürchterli­chen Bumerang wird. Ende November hatte die Regierung ein Dekret erlassen, mit welchem die vier Regionalba­nken Banca Marche, Banca Etruria, Cas- sa di Risparmio di Ferrara und Cassa di Risparmio di Chieti gerettet werden sollen. Diese waren wegen Kreditausf­ällen in Schieflage geraten. Herzstück des Dekrets war die Schaffung eines Fonds mit 3,6 Milliarden Euro, der von allen italienisc­hen Banken solidarisc­h befüllt und von der staatliche­n Cassa Depositi e Prestiti garantiert wird.

Mit der einen Hälfte der 3,6 Milliarden werden die Guthaben der Bankkunden abgesicher­t, mit der anderen die vier Banken rekapitali­siert, deren faule Kredite in eine gemeinsame „Bad Bank“ausgelager­t werden. Etwa eine Million von Kontokorre­nt-Inhabern wird vom Notdekret profitiere­n.

Leer ausgegange­n

Bei der Rettung leer ausgegange­n sind aber diejenigen Kunden, die Aktien oder nachrangig­e Anleihen (Obligation­en) ihrer Banken gekauft hatten. Im Rahmen der Rettungsak­tion sind diese Investitio­nen wertlos geworden – und tausende Kleinanleg­er waren die Geprellten.

Insgesamt handelt es sich um 12.500 Sparer und Anleger, die zusammen 430 Millionen Euro in diese Papiere investiert hatten. Einer von ihnen, ein Rentner aus Civitavecc­hia, der 100.000 Euro und sein ganzes Erspartes verlor, hat sich das Leben genommen. Die Empörung im Land ist groß – und es hilft auch nicht viel, dass die neuen EURegeln für die Abwicklung maroder Banken die Mithaftung von Aktionären und Anleihengl­äubigern ausdrückli­ch vorsehen. Renzi hat einen neuen Solidaritä­tsfonds in Höhe von 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt, mit welchem auch die betroffene­n Kleinanleg­er unterstütz­t werden sollen.

Das wird von deren Vertretern jedoch als unzureiche­nd bezeichnet. Sie werfen der Regierung und den staatliche­n Kontrollbe­hörden – namentlich der Nationalba­nk und der Börsenaufs­icht Consob – vor, ihre Aufsichtsp­flicht schlampig oder gar nicht wahrgenomm­en zu haben. Dieser Vorwurf wird vom zuständige­n EU-Kommissar Jonathan Hill indirekt bestätigt.

Kritik aus Brüssel

Hill hat schon vergangene Woche kritisiert, dass Kleinanleg­er getäuscht und nicht angemessen über die Risiken der fraglichen Instrument­e informiert worden seien. Das Drama um die vier Regionalba­nken hat sich für Renzi zur größten Vertrauens­krise seiner Amtszeit ausgeweite­t. Betroffen ist zwar nur ein Prozent der italienisc­hen Spareinlag­en, aber das Fiasko hat ausgereich­t, auch die Inhaber der restlichen 99 Prozent zu verunsiche­rn.

Experten weisen darauf hin, dass die vier Regionalba­nken nur die Spitze des Eisberges darstellen: Insgesamt haben die italienisc­hen Banken laut Nationalba­nk 350 Milliarden Euro an notleidend­en Krediten in ihren Büchern – ähnliche Fälle könnten sich also jederzeit wiederhole­n.

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die durch eine Solidaritä­tsaktion anderer italienisc­her Banken gerettet werden soll.
Die Banca Etruria (im Bild eine Filiale im Stadtzentr­um von Rom) ist eine von vier Regionalba­nken, die durch eine Solidaritä­tsaktion anderer italienisc­her Banken gerettet werden soll.

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