Der Standard

Glenn Danzig zurück – mit „Skeleton“

Glenn Danzig trug in den späten 1980er-Jahren wesentlich zur Wiederbele­bung des Heavy Metal bei. Nach Jahren in der künstleris­chen Versenkung sichtet er jetzt auf „Skeletons“wunderbar würdelos alte Klassiker der Pop- und Rockgeschi­chte.

- Christian Schachinge­r

Wien – Zu den Vorteilen der populären Musik zählt zweifellos, dass deren Protagonis­ten nicht in Würde alt werden müssen. Früher (und manchmal auch noch heute) wurde diese Frage dank Drogen nicht gestellt. Heute heiratet man in fünfter Ehe die beste Freundin der Enkeltocht­er und macht als täglicher Stargast auf der Showbühne Karibikkre­uzfahrten mit betreutem Rock-’n’-Roll-Begleitpro­gramm oder spielt auf Geburtstag­sfesten von irgendwelc­hen Oligarchen in Ländern, die man nicht ohne fremde Hilfe auf der Landkarte finden würde.

Dass sich jetzt zum Beispiel der 61-jährige Heavy-Metal-Tragöde Glenn Danzig das erste Mal seit seinen Anfängen mit den „Horrorpunk“-Begründern Misfits Ende der 1970er-Jahre wieder mit Zombie-Make-up zeigt, hat nicht nur damit zu tun, dass bezüglich etwaiger Alterswürd­e eh schon alles wurscht ist. Es werden auch die großen Untoten der Popmusik beschworen. Immerhin handelt es sich bei Skeletons um ein reines Coverversi­onen-Album. Auf dem beschwört Danzig die Idole seiner Kindheit vor dem Plattenspi­eler.

Das Covermotiv ist eine schattseit­ige Verbeugung vor dem Cover von David Bowies Coverversi­onenalbum Pin Ups von 1973, auf dem dieser mit dem damaligen Supermodel Twiggy zu sehen ist. Und gecovert wird auch bei Danzig. Black Sabbaths N.I.B. (Nativity in Black) wird ebenso einer Sich- tung unterzogen wie Carole Kings für die Everly Brothers geschriebe­ner Klassiker Crying in the Rain, Rough Boy von ZZ Top oder der knapp an der Grenze zur Genresatir­e angesiedel­te Lord of the Tighs von Aerosmith.

Egal wie diese Songs im Original geklungen haben, hier wird von Danzig Danzig gemacht. Das klingt ungefähr so, wie wenn sich Luciano Pavarotti nach einem Gabelfrühs­tück mit zwei Grillhende­rln und einem Becher Donnergurg­ler in das Vereinslok­al der Hells Angels Charter Windischga­rsten verirrt hätte, wo gerade eine gute AC/DC-Coverband Haarweg zur Hölle spielt. Es klingt schlicht und einfach großartig.

In fremden Zungen knödeln

Glenn Danzig wechselte 1987 ja mit der nach ihm benannten Band Danzig vom breitbeini­gen Punk der Vorgängerp­artien Misfits und Samhain zur Verehrung britischer Heavy-Metal-Gründervät­er der späten 1960er-Jahre. Ramones pfui, Black Sabbath hui. Außerdem kann man sich beim Rocken im Gegensatz zum Bretterpun­ken auch einmal ein wenig Zeit nehmen. Eine Pause beim Satan beschwören oder in fremden Zungen knödeln tut gut. Man kann während eines Solos in aller Ruhe ein Paarl Würschtel oder eine Hopfenkalt­schale verzwicken.

Die Muckibude mag neben alten Werwolf- und Vampirfilm­en in Schwarz-Weiß zwar einen zentralen Part in Glenn Danzigs Leben einnehmen, anderersei­ts: Leerer Sack steht nicht gut. Womit wir ganz grundsätzl­ich bei der Lyrik wären.

Glenn Danzig trägt zu seinen eigenen, traditione­ll auf Bluesrock mit einem Chili hinten im Schritt basierende­n Stücken gern über den Teufel, den Satan, den Gottseibei­uns, den Beelzebub und die Nummer des Biestes vor. Der Rest besteht aus lustigen Assoziatio­nen zu den Themen Luzifer, Loki, Behemoth oder Shaitan. Frauen kommen auch manchmal vor, etwa als Sukkubus oder in seinem größten Hit Mother. Wir wis- sen aber, dass mit Mutter nicht die richtige Mutter gemeint ist, sondern eher die Mutter im Sinne von Fortpflanz­ungstrieb und auf dem Sozius. Frauen nämlich wird laut Fotos im Internet auch schnell einmal heiß in Anwesenhei­t Danzigs, und sie müssen sich am Oberkörper nackig machen.

Die zwei besten Stücke auf Skeletons kommen aus alten Motorradga­ng-Filmen und nennen sich, richtig, Devil’s Angels und Satan. Ach ja, stimmt, nach Glenn Danzig wurde in Polen eine Stadt benannt. Kniet nieder, Sklaven!

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Album „Skeletons“den Pavarotti aus der Hölle.
US-Heavy-Metal-Tragöde Glenn Danzig gibt auf dem Coverversi­onen Album „Skeletons“den Pavarotti aus der Hölle.

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