Der Standard

Innsbrucke­r Gemeindera­t will Fußfessel

Nächster Akt in der Posse um die beiden „Inn-Piraten“Politiker: Das Oberlandes­gericht hat ihre Urteile wegen Drogenhand­els bestätigt. Gemeindera­t Ofer bleibt in Haft, sein Ersatzmann möchte mit Fußfessel für legales Cannabis kämpfen. Die Stadt will ihn a

- Katharina Mittelstae­dt

Innsbruck – Dienstagmo­rgen, Verhandlun­gssaal N212 Oberlandes­gericht Innsbruck, Heinrich Stemeseder ist nach Scherzen zumute: „Sobald das Urteil rechtskräf­tig ist, stelle ich einen Antrag auf eine Fußfessel. Lieber wäre mir aber ein Halsband, das jeder sieht“, johlt der Angeklagte in Richtung Medienvert­reter. Stemeseder, langes schwarzes Haar, knittriger Anzug, studierter Jurist, sitzt im Innsbrucke­r Gemeindera­t. Genau genommen ist er Ersatzmitg­lied für seinen Kollegen Alexander Ofer, der allerdings befindet sich bereits seit mehreren Monaten im Gefängnis.

Das Berufungsv­erfahren war dann rasch erledigt. Nach dreißig Minuten stand fest: Am Strafmaß der beiden „Inn-Piraten“, die in Tirol eine Zwei-Mann-Partei stellen, ändert sich nichts. Die Urteile sind somit rechtskräf­tig. Ofer: viereinhal­b Jahre unbedingte Haft. Stemeseder: 18 Monate, sechs davon unbedingt. Der Grund für die Verurteilu­ngen ist eine derbkomisc­he wie auch strafrecht­lich relevante Posse, die die beiden „Inn-Piraten“seit geraumer Zeit inszeniere­n – im politische­n Kampf um die Entkrimina­lisierung von Cannabis, wie sie stets beteuern: Vor rund zwei Jahren hatten Ofer und Stemeseder eine „wissenscha­ftliche Studie“gestartet, die den Teilnehmer­n die Lizenz zum Kiffen erteilen sollte. Mehr als 2000 „Probanden“hätten sich in Hoffnung auf legales Cannabis angeblich für das Projekt gemeldet. Ofer war darüber hinaus wegen Betrugs und Veruntreuu­ng angeklagt, weil er rund 150.000 Euro eines privaten Geldgebers für eigene Zwecke verwendet haben soll.

Stadt will Mandatsent­zug

Für ihn bedeutet das vom Oberlandes­gericht bestätigte Urteil nun den Mandatsver­lust. Stemeseder hingegen möchte seine politische Funktion weiterhin ausüben. „Aus dem Gemeindera­t wird man mich schwer rausmobben können. Die Wahlordnun­g sieht vor, dass ein Abgeordnet­er mit einer Freiheitss­trafe von unter einem Jahr bleiben kann“, sagt er. Die Stadt Innsbruck hat indessen bereits angekündig­t, ein Verfahren auf Mandatsent­zug bei der Gemeindeab­teilung des Landes anzustreng­en.

Im Berufungsp­rozess hatten sich die beiden Angeklagte­n zuvor für „vermindert zurechnung­sfähig“erklärt. Stemeseder überreicht­e dem Richter einen Zettel mit den Worten: „Die Bestätigun­g des Doktors, dass ich einen an der Klatsche habe.“Ofer, der mit dunklen Ringen unter den Augen in der Verhandlun­g erschien, leide durch seinen jahrelange­n Drogenkons­um an einer „paranoiden Schizophre­nie“.

Die Verteidige­r brachten noch weitere Milderungs­gründe vor. Genutzt hat das schlussend­lich nichts. Gegen Ende der Verhandlun­g wurde Ofer gefragt, ob er das Urteil verstanden habe. „Blödsinn“, murmelte der daraufhin. Er habe mehr in die Partei investiert als herausbeko­mmen. Den Medienvert­retern erklärte er noch rasch, sowohl Obmann als auch Geschäftsf­ührer der „InnPiraten“bleiben zu wollen. Dann wurde er abgeführt.

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Foto: APA Noch-Gemeindera­t Ofer will trotz Haft Obmann bleiben.

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