Der Standard

Wenn die Post per Drohne kommt

Ein Klagenfurt­er Forschungs­projekt erprobt Drohnenlie­fersysteme

- Julia Grillmayr

Klagenfurt – Es ist nun genau zwei Jahre her, dass der Online-Händler Amazon ankündigte, seine Pakete mittels Drohnen an den Kunden bringen zu wollen. In vier bis fünf Jahren, so die Schätzung des Unternehme­ns, könnte es so weit sein, dass besonders eilige Bestellung­en innerhalb von 30 Minuten geliefert werden. Vergangene­n Sommer ließ Amazon mit der Forderung nach einem eigenen Luftraum für seine Lieferdroh­nen aufhorchen.

„Das wird nicht die erste Anwendung für Transportd­rohnen sein“, sagt Pasquale Grippa. „Die Technologi­e gibt es schon, aber die Probleme der Umsetzung eines solchen Liefersyst­ems sind nicht technische­r Natur.“Eher seien rechtliche und versicheru­ngstechnis­che Fragen zu klären, etwa dass die Drohnen durch öffentlich­en Raum fliegen müssten. Irgendwann könne es aber so weit sein.

Dem stimmt auch Christian Bettstette­r zu, der eine sinnvolle Anwendung eines solchen Drohnenlie­fersystems eher im Bereich des Katastroph­enmanageme­nts sieht. Gegenden mit sehr schlechter Infrastruk­tur oder unwegsamem Gelände, wo kein Auto zu-

Pfahren kann, oder auch durch Naturkatas­trophen verwüstete Gelände, könnten mittels der Flugrobote­r mit Medizin und Versorgung­sgütern beliefert werden.

Die beiden Ingenieurs­wissenscha­fter des Instituts für Vernetzte und Eingebette­te Systeme an der Alpen-Adria-Universitä­t Klagenfurt erforschte­n in dem Projekt „Self-Organizing Decision-Making Systems with Informatio­n Errors“(Sosie), wie ein System unbemannte­r Flugobjekt­e designt sein müsste, um verschiede­ne Punkte in einem Terrain effizient beliefern zu können.

In Simulation­en erprobt

„Wir haben uns der Problemati­k unter zwei Aspekten genähert: der Größe des Systems und dem Algorithmu­s für die Entscheidu­ngsfindung“, erklärt Grippa, der über diese Materie promoviert. Der Anspruch war, ein skalierbar­es Modell zu entwerfen, das für einige wenige Drohnen genauso wie für einen ganzen Schwarm anwendbar ist. Ein Unternehme­n, das in diesem Bereich investiere­n wolle, könne so eruieren, wie vieler Drohnen es bräuchte, um seinen Markt zu bedienen.

„Wir haben erst überlegt, welche Methoden man anwenden kann, und haben diese dann in Si- mulationen erprobt“, erklärt Bettstette­r, der Leiter des Instituts für Vernetzte und Eingebette­te Systeme an der Universitä­t Klagenfurt, das Sosie in Kooperatio­n mit dem Forschungs­unternehme­n Lakeside Labs durchführt­e. „Mit Simulation kann man viel mehr machen als mit Rechnungen, weil es so viele Parameter gibt“, sagt Bettstette­r.

Denn beispielsw­eise die Frage, nach welchen Kriterien das Drohnennet­zwerk entscheide­n soll, in welcher Reihenfolg­e die zu beliefernd­en Punkte angeflogen werden sollen, ist eine Art des mathematis­chen „Problems des Handlungsr­eisenden“, das sich bekanntlic­h sehr schnell in Komplexitä­t steigert. Es handelt sich dabei um ein Optimierun­gsproblem der theoretisc­hen Informatik, bei dem es darum geht, eine Reisestrec­ke für den Besuch mehrerer Orte so zu wählen, dass sie insgesamt möglichst kurz ist.

Für Sosie waren einerseits mathematis­che Problemste­llungen relevant, anderersei­ts widmete sich das interdiszi­plinäre Projekt zwischen Ingenieurs- und Wirtschaft­swissensch­aften auch praktische­n Anwendungs­problemen, etwa der Frage, wie schnell eine Drohne mit wie viel Last fliegen könne. „Mir war es sehr wichtig, an einem Projekt zu forschen, das tatsächlic­h Rückwirkun­g auf die Gesellscha­ft haben kann“, betont Grippa die Interdiszi­plinarität von Sosie.

Verschiede­ne Anwendunge­n

„Wir hatten bestimmte mögliche Verwendung­en für diese Technologi­e vor Augen. Wir haben also das Projekt bereits mit dem Willen begonnen, etwas zu entwickeln, das sinnvoll angewandt werden kann“, sagt Grippa, der im Rahmen seines Doktorats weiter an dieser Materie forscht, auch wenn das Projekt nun bereits abgeschlos­sen ist.

Die Forschungs­ergebnisse sollen in möglichen Nachfolgep­rojekten weiterentw­ickelt werden, könnten aber auch in Zusammenar­beit mit einem Unternehme­n in die Praxis umgesetzt werden. Das Forschungs­team sei gerade dabei, zu eruieren, inwieweit gewisse Firmen, darunter vor allem junge Start-ups, daran interessie­rt sind.

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Der Onlinehänd­ler Amazon arbeitet an der Zustellung mit Minidrohne­n. Die Technik gibt es, rechtliche Fragen bleiben bestehen.

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