Rätsel um gegenseitige Hilfe
Altruismus auch bei Tieren, die nicht verwandt sind
Wien – Vampirfledermäuse spenden Artgenossen erbeutetes Blut, Insekten bilden Staaten – gegenseitige Hilfe ist weitverbreitet. Entgegen der Lehrmeinung müssen Geber und Nehmer dazu nicht verwandt sein, so Forscher um den österreichischen Biologen Michael Taborsky in einem Sonderband des Fachblatts Philosophical Transactions of the Royal Society B.
Evolutionsbiologen tun sich mit Erklärungen schwer, wie sich Altruismus in einer Welt entwickeln konnte, wo die natürliche Auslese die „fittesten“Vertreter einer Art fördert. Egal ob sie andere füttern, beim Kindergroßziehen unterstützen oder sie verteidigen, verlieren Helfer immer Zeit, Ressourcen und manchmal ihr Leben. Dadurch sollten sie weniger Nachkommen haben und allmählich von der Bildfläche verschwinden.
Der britische Biologe William Hamilton erklärte dieses Parado- xon vor 50 Jahren mit der „Verwandtenselektion“: Tiere fördern das Weiterbestehen ihrer Gene auch, wenn sie Individuen gleicher Abstammung unterstützen.
„Durch die starke Erklärungskraft der Verwandtenselektion hat man aber vergessen, auf alternative Mechanismen zu schauen“, sagte Taborsky, der an der Uni Bern forscht. Um viele Kooperationsrätsel würde man sich herumwinden, indem man versteckte Verwandtenkooperation annimmt, anstatt sie aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Auf diesen Nachholbedarf wolle man im Sonderheft hinweisen. Es habe sich immer mehr gezeigt, dass altruistische Hilfe oft auch nichtverwandten Sozialpartnern entgegengebracht wird, so die Forscher. „Im Widerspruch zu Hamiltons Theorie findet man sogar, dass Verwandtschaft Kooperation mitunter hemmt.“(APA)