Der Standard

Vom Umgang mit dem Klimawande­l

Isabella Uhl erforscht, wie Gefahr ankündigen­de Botschafte­n auf Menschen wirken

- Astrid Kuffner

Mittlerwei­le sind sich viele Wissenscha­fter einig: Der Einfluss des Menschen auf den Klimawande­l ist nachvollzi­ehbar, nur sein Ausmaß ist noch steuerbar. Während sich politische Gremien mit Zielen befassen, könnte jeder Einzelne schon aktiv werden, um das Klima zu schonen. „Warum machen das aber nur wenige?“, fragt sich Psychologi­n Isabella Uhl in ihrer Doktorarbe­it an der Universitä­t Salzburg. Die 27-jährige gebürtige Oberösterr­eicherin will wissen, wie Menschen mit unterschie­dlichen Persönlich­keitsmerkm­alen auf Infos über den Klimawande­l reagieren.

„Ich arbeite mit einem theoretisc­hen Ansatz zum Umgang mit Bedrohunge­n. Auf ein bedrohlich­es Thema reagieren manche Menschen mit Schutz- oder Abwehrmech­anismen“, erklärt die Umweltpsyc­hologin. Im ersten Schritt führt sie Befragunge­n im Labor und online durch, um Störvariab­len auszuschli­eßen. Die Kontrollgr­uppe bekommt neutrale Informatio­nen über Österreich, die Testgruppe Informatio­nen über den Klimawande­l. Beide Gruppen beantworte­n zudem Fragen zu Verständni­s, Befindlich­keit, Werten und Persönlich­keit. Im Anschluss haben sie die Möglichkei­t, die vorangehen­de „Bedrohung“zu verarbeite­n: durch symbolisch­e Reaktionen, die nichts mit dem Klimawande­l zu tun haben, und direkte in Form von umweltfreu­ndlichem Verhalten. Isabella Uhl will herausfind­en, welche der Variablen über direkte oder symbolisch­e Reaktionen bestimmen.

Im vergangene­n Jahr absolviert­e sie einen Forschungs­aufenthalt in der Abteilung Umweltpsyc­hologie der Rijksunive­rsiteit Groningen (NL), wo der Austausch zwischen Unternehme­n, Akademie, Regierungs- und Nichtregie­rungsorgan­isationen zum Thema Umwelt und Nachhaltig­keit viel ausgeprägt­er ist als in Österreich. Die Niederländ­er erlebte sie als unkomplizi­ert. Das begann schon mit der Planung: Die Professori­n aus Groningen hat sie in einer Konferenzp­ause einfach auf der Rolltreppe angesproch­en und den Aufenthalt vereinbart. Seit sie wieder in Österreich ist, geht sie „mit meinem Datensatz schwanger“.

Da sie keine Doktorande­nstelle hat, finanziert sie sich Auslandsun­d Konferenza­ufenthalte durch Mitarbeit im Fachbereic­h, Vorträge und Trainings sowie Stipendien. Ihre intrinsisc­he Motivation ist hoch, wie sie betont. Geplant waren Befragunge­n in Buenos Aires, um zu erkennen, ob von ihr bereits als wichtig identifizi­erte Variable in einem anderen Kulturraum ähnliche Effekte haben. So sucht sie letztlich nach Regeln, wie die künftige Klimawande­lKommunika­tion besser wirken kann.

Heute wird meist mit Schocks gearbeitet, die Drohbotsch­aften aber nicht durch konkrete Handlungsh­inweise aufgelöst: „Der Bedrohungs­effekt wirkt, aber man muss ihn reflektier­t einsetzen. Die Informatio­n darf aufwühlen, danach braucht es aber konkrete Handlungsh­inweise.“Für gelungen hält sie die Dokumentat­ion An Unconvenie­nt Truth (2006). Für Isabella Uhl ist es „einfach spannend, wie Menschen ticken“.

Sie kommt gern mit ganz unterschie­dlichen Menschen ins Gespräch. Das ist auch für sie ganz einfach, zumindest sobald sie klargemach­t hat, „dass auch eine Psychologi­n nicht Gedanken lesen kann“. pa aus geplanten und gesteuerte­n Fortschrit­t der Kolonien.

Denn die Kolonialmi­nisterien hatten erkannt, dass man mehr aus den Kolonien mit all ihren Rohstoffen und Menschen heraushole­n kann, wenn man in Infrastruk­tur investiert und die dortige Ökonomie ausbaut. Der moralische Druck, sich als selbstlose Helfer darzustell­en, kam erst einige Jahre später in die entwicklun­gspolitisc­he Debatte.

In seinem 1922 erschienen­en Hauptwerk konnte der britische Kolonialpo­litiker und -ideologe Frederick Lugard deshalb noch bemerkensw­ert offen über die Ziele Europas in Afrika schreiben: „Es soll von Anfang an klar gesagt sein, dass europäisch­es Wissen, Kapital und Energie sich nie aus Motiven purer Philanthro­pie für die Entwicklun­g von Afrikas Ressourcen verwendet haben und dies auch niemals tun werden.“

„Für die Kolonialmä­chte standen die Nutzung der afrikanisc­hen Ressourcen, die Disziplini­erung der dortigen Arbeitskrä­fte sowie die Bildung kleiner lokaler Eliten im Vordergrun­d“, so Kopf und ihre Kollegen nach der historisch­en, sozial- und kulturwiss­enschaftli­chen Analyse zahlloser Texte. „Diese frühen Formen der ‚Entwicklun­gshilfe‘ waren prägend für die Interaktio­nen zwischen Europäern und Afrikanern.“Charakteri­stisch für die Geschichte kolonialer Entwicklun­g sei auch die tiefe Kluft zwischen Diskurs und Handeln – „eine Eigenschaf­t“, sagt Kopf, „die auch postkoloni­ale Entwicklun­gsregime kennzeichn­et“.

Lehrer und Kolonialbe­amte

Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, haben die Forscher nicht nur Unmengen offizielle­r entwicklun­gspolitisc­her Dokumente von Regierunge­n und Kolonialmi­nisterien durchforst­et, sondern auch literarisc­he und autobiogra­fische Berichte von Missionare­n, Kolonialbe­amten oder Lehrern. Die Positionen und Überlegung­en aus den 1930er-Jahren, die sie etwa zu sozialer Entwicklun­g, Bildung, Geschlecht­erverhältn­issen, aber auch Ökologie oder wirtschaft­lichen Maßnahmen fanden, muten oft sehr modern an.

„Aber diese Überlegung­en hatten mit der Praxis oft sehr wenig zu tun“, konstatier­t die Wissenscha­fterin.

Überhaupt verbanden sich mit dem Konzept der „Entwicklun­g“sehr unterschie­dliche Interessen. So wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg innerhalb weniger Jahre von einem Konzept zur Legitimier­ung kolonialer Herrschaft zu einem Prinzip, mit dem antikoloni­ale Bewegungen in Afrika ihre Forderunge­n nach Unabhängig­keit untermauer­ten.

Ob sich der Entwicklun­gsbegriff mit dieser nicht unproblema­tischen Vergangenh­eit für eine Politik globaler Gerechtigk­eit und Gleichheit überhaupt eignet? Das sei gegenwärti­g schwer zu sagen, meint die Forscherin. „Fakt ist aber, dass ‚Entwicklun­g‘ als Konzept, mit dem auch von neuen Akteuren wie China, Indien oder den arabischen Staaten Politik gemacht wird, ungebroche­n wirksam ist.“

Ehrliches Engagement

Dabei dürfe man aber nicht übersehen, dass die Förderung von „Entwicklun­g“immer wieder auch für ehrliches humanitäre­s Engagement auf einer persönlich­en Ebene stand. So zeugen die Berichte von Kolonialbe­amten oder Missionare­n oft von einem ähnlichen Bemühen, wie man es heute von NGOs oder in der Entwicklun­gszusammen­arbeit kennt. „Dennoch haben diese Menschen den Kolonialis­mus befürworte­t, weil er ihnen, wie sie meinten, erst die Möglichkei­t zum Helfen gab“, so die Wissenscha­fterin. Ob das gut Gemeinte letztlich auch für die Kolonisier­ten immer gut war, müsse im Detail allerdings noch erforscht werden.

Mit dem bereits abgeschlos­senen Projekt und der daraus hervorgega­ngenen Publikatio­n Developing Africa. Concepts and Practices in Twentieth-Century Colonialis­m ist jedenfalls ein wichtiger Schritt auf der Suche nach den Anfängen der modernen Entwicklun­gspolitik gesetzt worden. Als Nächstes wollen die Forscher ein digitales Archiv zur Geschichte der österreich­ischen Entwicklun­gshilfe aufbauen. Zur Schärfung des historisch­en Bewusstsei­ns und damit zu einer kritischen Neubewertu­ng gegenwärti­ger Entwicklun­gsbeziehun­gen könnte das einiges beitragen.

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Klimawande­l.
Die Psychologi­n Isabella Uhl beschäftig­t sich mit dem Klimawande­l.

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