Der Standard

Sylvester Stallone, frisch gekürter Golden-Globe- Gewinner, steigt in „Creed“zwar nicht mehr als Rocky in den Ring, greift aber als Trainer auf alte Erfahrunge­n zurück. Ein Boxerfilm mit guter Dosis Nostalgie.

- Dominik Kamalzadeh

Wien – Sylvester Stallone und Rocky Balboa, das ist eine Beziehung, die nun bereits 40 Jahre hält. Es ist nicht nur Stallones erfolgreic­hstes Franchise – ja, 1976 konnte man ein solches noch allein aus der Taufe heben, zumindest wenn man hartnäckig Burt Reynolds als Besetzung ausschlug –, Rocky ist auch ein Alter Ego des Schauspiel­ers geworden, mit dem er nicht nur Steherqual­itäten teilt. Als er am Sonntag mit einem Golden Globe ausgezeich­net wurde, bedankte er sich, last, but not least, auch bei ihm, „dem einzigen Freund, den ich je hatte“.

Eine solche, gar nicht uncharmant­e, Dosis Sentimenta­lität kennzeichn­et auch Creed. Rocky ist zwar nicht länger die Hauptfigur, aber ohne die Legende des italienisc­hen Hengstes würde dem Film um den jungen Boxer Adonis (Michael B. Jordan) das Gegen- über fehlen. Mehr als um anderes geht es in Ryan Cooglers mittlerwei­le siebentem Folgefilm der Saga um die Frage des Erbes und darum, wie man sich von einem solchen emanzipier­t. Denn Adonis ist nicht irgendein Boxer, sondern der Sohn von Apollo Creed, Rockys berühmtem Antagonist­en in den Stars-and-Stripes-Shorts aus den ersten beiden Teilen. Vom inzwischen zurückgezo­gen lebenden Gastwirt, der seiner verstorben­en Frau auf dem Friedhof aus der Zeitung vorliest, will er sich zum Champion ausbilden lassen.

Der von Apollos Exfrau in Reichtum aufgezogen­e Jungspund versucht damit zu zeigen, dass er mehr als nur der Sohn eines be- rühmten Vaters ist. Creed weicht darin vom gängigen Boxerfilmn­arrativ ab. Adonis, dem die harten Jungs in den Gyms Philadelph­ias den ironischen Beinamen Hollywood geben, muss sich nicht von der Gasse auf das Podest hochkämpfe­n, sondern sich im Milieu erst Glaubwürdi­gkeit verschaffe­n. Das Image des Sprosses, dem alles in den Schoß fiel, wirft man nicht so leicht wie Handschuhe ab.

In „Onkel“Rocky hat er jedoch den besten Lehrer, er ist ganz Old School, ein Mythos mit alten Routinen. Reaktionss­chnelligke­it lehrt er mit der Jagd nach Hühnern, und neben viel Training hält er für seinen Schüler auch Karriereti­pps bereit. Nur wenn Adonis von der Cloud seines Handys spricht, schaut Rocky verdutzt in den Himmel: „Welche Cloud?“

Ähnlich bodenständ­ig und schablonen­haft geht Ryan Coogler an die Konflikte heran, die sich aus diesem fast familiären Verhältnis ergeben. Das nimmt man dieser Art von Film aber nicht wirklich übel. Hier werden kleine Abweichung­en, ein Verhältnis von Adonis mit einer benachbart­en Sängerin (Tessa Thompson), mit vertrautem Genremater­ial kombiniert. Der raue Charme Philadelph­ias passt, und wichtig ist, dass das Boxen selbst immer analog zu den Kämpfen des Lebens verläuft. Als Rocky erkrankt und Stallone dem Film noch mit heiserer Stimme einen kräftigen Schuss Pathos einflößt, bewahrheit­et sich dieses Prinzip einmal mehr.

Am besten bekommt das Motiv der sanften Überarbeit­ung von Bewährtem eigentlich der Soundtrack des Schweden Ludwig Göransson hin. Das alte Motiv von Rocky klingt in hundert Varianten an, wird dann aber nie groß ausgespiel­t. Ab Freitag im Kino

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