SPÖ sucht nach einheitlicher Asyl-Linie
Hallenbadverbote für Flüchtlinge strafwürdig Der Richtungsschwenk der SPÖ hin zu Obergrenzen bei Flüchtlingen sorgt parteiintern für Turbulenzen. Die Wiener SPÖ kämpft weiter um eine gemeinsame Linie. Für Ex-SPÖ-Gemeinderat Şenol Akkılıç ist die Positio
Laut Gleichbehandlungsexperten ist es ein neues Phänomen: Speziell gegen Asylwerber ausgesprochene Zutrittsverbote, etwa in eine Bad Ischler Bar oder in ein Bisamberger sowie in ein Mödlinger Hallenbad, erlebe er im Zuge seiner Tätigkeit im Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern zum ersten Mal, sagt dessen Generalsekretär Volker Frey im Standard- Gespräch.
„Wir bekommen jetzt erstmals solche Meldungen“, bestätigt Claudia Schäfer vom Verein Zivilcourage und Antirassismusarbeit (Zara), der alljährlich einen Rassismusreport mit konkreten Fällen herausgibt.
Klar, so Frey, sei jedoch für ihn schon jetzt: „Der Ausschluss von Asylwerbern von derlei Dienstleistungen ist ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz aus ethnischen, also rassistischen Gründen“. Zwar definiere der Begriff „Asylwerber“per se keine fremde ethnische Zugehörigkeit. Doch „mittelbar“sei davon auszugehen – weil Asylwerber keine Einheimischen sind.
Nach Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgesetz kann Diskriminierten Schadenersatz für persönliche Beeinträchtigungen zuerkannt werden. In einem jüngst ergangenen Urteil über eine – nicht Asylwerber betreffende – rassistische Einlassverweigerung in ein Wiener Lokal wurde der Schadenersatz sogar erstmals auf österreichische Begleiter ausgeweitet.
Bis zu 1080 Euro teuer
Intolerante Dienstleister wiederum, also im Fall der Asylwerberausschlüsse die Bad Ischler Barsowie die niederösterreichischen Badbetreiber, riskieren bis zu 1080 Euro Verwaltungsstrafe. Dass die Hallenbadeinlassverweigerungen nur für unbegleitete Flüchtlinge gelten, mache bei alldem keinen Unterschied, erläutert Frey: „Weil von Menschen ohne Migrationshintergrund keine Begleitung verlangt wird.“
Der Klagsverband, ein Zusammenschluss von Beratungs-NGOs, fordere seine Mitglieder auf, Fälle von Asylwerberdiskriminierung allesamt anzuzeigen. „Wir machen das auf alle Fälle“, meint dazu Zara-Sprecherin Schäfer.
Trotz beteuerter Einigkeit zwischen Bund und Wien wirkt die SPÖ in der Frage der Bewältigung der Flüchtlingskrise weiterhin gespalten. Zwar wird der von der ÖVP geprägte Begriff „Obergrenze“von den Roten abgelehnt, faktisch tritt Bundeskanzler Werner Faymann aber für eine Limitierung in der Höhe von 37.500 Asylanträgen in diesem Jahr ein. „Das heißt dann: Auch der 37.501. Mensch kann Asyl beantragen, aber nicht mehr bei uns“, sagte Faymann der Krone.
Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der das Positionspapier der Regierung mitgetragen hat, interpretierte die Einigung anders. Auf die Frage, was mit dem 37.501. Asylwerber passiere, sagte Häupl in Ö1: „Selbstverständlich ist nach geltender österreichischer Bundesverfassung ein Asylantrag anzunehmen.“Zuvor hatten sich die Stadträtinnen Sonja Wehsely, Sandra Frauenberger und Renate Brauner gegen Obergrenzen ausgesprochen und den Beschluss der Regierung scharf kritisiert. Das Gipfelergebnis bezeichnete Wohnbaustadtrat Michael Ludwig hingegen als „wichtiges Signal, dass es nicht für alle möglich sein wird, hier eine Unterkunft zu finden“. Ludwig gilt innerhalb der Roten als Verbinder zur FPÖ. Auch rote Bezirkspolitiker sprachen sich zuletzt für eine Limitierung von Asylwerbern aus.
Bei ihrer am Montag begonnenen zweitägigen Vorstandstagung auf dem Kahlenberg kämpft die Wiener SPÖ heute, Dienstag, in der Asylfrage um eine gemeinsame Linie. Auf dem Programm steht auch ein Referat des Wiener Flüchtlingskoordinators Peter Hacker. Gegen Mittag soll das Ergebnis als Positionspapier von Häupl und Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler präsentiert werden.
Für den ehemaligen SPÖ-Gemeinderat Şenol Akkılıç sollten die Wiener Roten klar gegen eine Obergrenze auftreten. Die Linie von Bundeskanzler Faymann sei „nicht richtig“, sagte Akkılıç dem STANDARD. Die Limitierung sei auch politisch nicht realistisch. Die herben Verluste der SPÖ bei der Wien-Wahl vor allem in den Flächenbezirken Favoriten, Floridsdorf, Simmering und Donaustadt lassen sich laut Akkılıç „nicht damit wettmachen, wenn man politisch nach rechts rückt“.
Akkılıç, langjähriger grüner Integrationssprecher, war im Frühjahr 2015 von den Grünen zu den Roten gewechselt. Bei der WienWahl im Herbst hatte er ein SPÖGemeinderatsmandat verpasst, er bringt sich laut Eigenangaben aber weiter in die Partei ein.
Weiter „klar gegen Obergrenzen“will auch die Neogemeinderätin und Vorsitzende der Sozia- listischen Jugend Wien, Marina Hanke, bei der SPÖ-Vorstandssitzung auftreten: „Wir müssen flüchtende Menschen aufnehmen, ihnen helfen und eine Beschäftigung geben.“Dass jetzt auch innerhalb der SPÖ Wien Stimmen für Obergrenzen laut werden, kritisiert sie. „Das ist nicht die Position, mit der wir in den Wahlkampf gegangen sind“, sagt sie im STANDARD- Gespräch.
ÖVP: „Obergrenze bleibt“
Dass Faymann sich in der Asyldebatte auf ÖVP-Linie begebe, findet Hanke „schlecht“. Die SPÖ dürfe sich nicht von der ÖVP treiben lassen und deren Positionen übernehmen.
Während die SPÖ noch eine Linie sucht, verteidigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) den Beschluss: „Die Obergrenze bleibt.“Dem Angebot des designierten Verteidigungsministers Hans Peter Doskozil (SPÖ), abgelehnte Asylwerber mit HerculesTransportmaschinen des Bundesheeres abzuschieben, steht das Innenministerium „grundsätzlich positiv“gegenüber.