Stresstest zeigt Milliardenlücke
Bei Pensionskassen fehlen in EU bis zu 773 Mrd. Euro
Frankfurt – Anhaltend niedrige Zinsen machen auch den Pensionsfonds und Pensionskassen in Europa schwer zu schaffen. Das hat die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa bei ihrem ersten europaweiten Stresstest für die Branche festgestellt. Deren Chef Gabriel Bernardino sieht darin „bedeutende Herausforderungen für die Zukunft“. Denn die Aufseher haben bei den Betriebspensionen in Europa Finanzierungslöcher in Milliardenhöhe ausgemacht – und zwar nach einer neuen Berechnungsmethode der Eiopa weit größere, als die bisherigen Daten auf Länderebene nahegelegt hatten.
Die EU-Behörde hat die Lücke – auch ohne Stress – mit 428 Milliarden Euro beziffert, das sind rund 350 Milliarden mehr als zuvor gedacht. Im schärfsten Szenario, bei dem ein starker Absturz der Zinsen und Vermögenswerte sowie ein Anstieg der Inflation simuliert wurden, summierte sich die Lücke zwischen den Vermögenswerten und den Verpflichtungen betrieblicher Pensionskassen auf 773 Mrd. Euro.
Allerdings ist die Lücke zwischen Leistungszusagen und Pensionsvermögen an sich laut Experten für die Rentner nicht beunruhigend. Auch Eiopa-Chef Bernardino warnte aber davor, die Testergebnisse überzubewerten. Die betroffenen Unternehmen könnten die Lücken aus eigenen Mitteln stopfen oder die Regeln für die Rentenzusagen ändern. Zudem seien die Verpflichtungen sehr langfristiger Natur und die Systeme in den einzelnen Staaten sehr unterschiedlich aufgebaut.
Unterschiedliche Risiken
Besonders gefährdet sind Betriebspensionssysteme, bei denen die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern feste Zusagen über die tatsächliche Höhe der Pensionen machen. „Es ist davon auszugehen, dass es in diesen Fällen zusätzlicher Zahlungen der Arbeitgeber bedürfte, um die Leistungen zu erbringen, die sie den Versorgungsberechtigten versprochen haben“, meint die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Manche Unternehmen versuchen nun, davon wegzukommen und nur noch ihre Beiträge für die Altersversorgung festzuschreiben – womit das Risiko der künftigen Zins- und Aktienkursentwicklung auf die Arbeitnehmer abgewälzt wäre.
Die Frankfurter Eiopa hat bei dem Stresstest die Betriebsrentensysteme in 17 Ländern untersucht und mehr als 200 Pensionsfonds und -kassen unter die Lupe genommen. (Reuters, dpa)