Quereinsteiger drücken Netzkosten
Bisher war der Markt für Regelenergie in der Hand einiger weniger, entsprechend teuer war sie. Weil nun vermehrt Branchenfremde in diese lukrative Nische drängen, purzeln die Preise für Energie, die zeitnah zur Stabilisierung des Netzes eingespeist werden
Wien – Österreichs Stromproduzenten können etwas durchatmen. Während der Druck auf die Verkaufspreise elektrischer Energie weiter anhält, zeichnet sich kostenseitig eine Entspannung ab: Der Aufwand für Regelenergie, die zum sekundengenauen Ausbalancieren von Angebot und Nachfrage benötigt wird, sinkt erstmals.
Waren es 2011, dem letzten Jahr vor dem Systemwechsel, noch 75 Millionen Euro, die von der Branche für abgerufene Regelenergie aufzubringen waren, stiegen die Kosten 2014 schon auf 203 Millionen (siehe Grafik). Erst im Vorjahr gab es eine Wende, die Kosten sind um fast 30 Prozent auf 143 Millionen Euro gesunken.
„Das zeigt, dass der Wettbewerb zu wirken beginnt“, sagte Martin Graf, Vorstand der E-Control, dem STANDARD. Durch zahlreiche Maßnahmen, beispielsweise Erleichterungen beim Zugang zum Regelenergiemarkt, sind mittlerweile rund 20 verschiedene Anbieter aktiv. Das war nicht immer so.
„Zu wenig Anbieter, zu wenig Wettbewerb, zu teuer.“So tönten bald nach dem Wechsel vom zuvor üblich gewesenen Mengentausch zu festgelegten Preisen hin zu einem marktbasierten Modell Konsumentenschützer, Netzgesellschaften und Windenergieproduzenten. Drei dominierten den Markt: Verbund, Tiwag und Kelag.
Dass dieses Geschäft so lukrativ ist, hat damit zu tun, dass Strom ein spezielles Produkt ist. Zu jedem Zeitpunkt muss an einem Ende der Leitung genauso viel elektrische Energie eingespeist werden, wie auf der anderen Seite entnommen wird. Andernfalls droht ein Spannungsabfall, der in einen Blackout münden kann.
Beschränkten sich Netzeingriffe früher auf Lastschwankungen infolge von Kraftwerksausfällen, kommt es in letzter Zeit verstärkt zu Schwankungen wegen plötzlicher Änderungen beim Einspeisen oder Verbrauchen von Strom. Mit dem steigenden Anteil erneuerbarer Energien nimmt auch der Bedarf an Regelenergie zu. Dennoch ist E-Control-Vorstand Graf überzeugt, dass die Kosten weiter sinken werden: „Die neuen Tarife setzen wir Anfang 2017 fest.“
Telekom mischt mit
Einer der neuen Anbieter von Regelenergie ist neben dem Papierhersteller Mondi auch die heimische Telekom. „Wir haben eine Softwareplattform entwickelt, auf der neben unseren eigenen Kapazitäten auch jene anderer Unternehmen miteinander vernetzt sind“, sagte Mario Mayerthaler, in der Telekom Austria für das Projekt verantwortlich.
„Wir wollen den Energieproduzenten nicht Konkurrenz machen, wir wollen ihnen die Plattform verkaufen. Dann können auch sie Kunden aus dem Gewerbe- und Industriebereich vernetzen, sagte Mayerthaler. „Gespräche mit Landesenergieversorgern laufen“.
An den wöchentlichen Ausschreibungen der Austrian Power Grid (APG) beteiligt sich die Telekom Austria als Pool. Den Zuschlag bekommt, wer am günstigsten anbietet. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. „In der Schweiz wird diskutiert, elektrische Heizungen von Kirchen miteinander zu vernetzen und in den Regelenergiemarkt zu integrieren“, sagte E-Control-Mann Graf.