Der Standard

Hypo: Republik ließ sich Gewährleis­tung um 300 Millionen Euro abkaufen

Die BayernLB bestand beim Verkauf der Hypo an die Republik auf einen Gewährleis­tungsverzi­cht. Die Österreich­er haben nachgegebe­n – gegen 300 Millionen Euro. Das erklärte der Chef der Finanzprok­uratur, Wolfgang Peschorn, vor dem U-Ausschuss.

- Renate Graber

Wien – Die Republik Österreich hat sich wenige Stunden vor der Verstaatli­chung der Hypo Alpe Adria die Gewährleis­tung von der BayernLB abkaufen lassen. Die Bayern hätten dafür eine „massive Kapitalmeh­rzahlung“von 300 Millionen Euro geleistet. Über diesen „Abtausch“hat der Präsident der Finanzprok­uratur, Wolfgang Peschorn, am Donnerstag im parlamenta­rischen U-Ausschuss berichtet. Ihm, Peschorn, sei das von den Verhandler­n mitgeteilt worden, er selbst habe nicht zum Gewährleis­tungsverzi­cht geraten.

Nach Peschorn wurde Hypoverban­d-Generalsek­retär Wilhelm Miklas befragt. Die Kärntner Hypo habe jedenfalls gerettet werden müssen, „sonst wäre es zu einem fürchterli­chen Crash rund um uns gekommen“, sagte er. (red)

Wien – Lange war darüber spekuliert worden, immer wieder war es im parlamenta­rischen Hypo-UAusschuss Thema, keiner der politisch Verantwort­lichen wollte bisher etwas Konkretes dazu sagen: Warum hat die Republik Österreich bei der Verstaatli­chung der Hypo auf Gewährleis­tung der Bayern verzichtet? Nun weiß man es. Die ursprüngli­ch für den Kaufvertra­g zwischen Republik und BayernLB vorgesehen­en Gewährleis­tungen sind am 14. Dezember 2014 zwischen vier und 4 Uhr 30 in der Früh begraben worden.

Die Republik hat sich die Garantien um rund 300 Millionen Euro von der BayernLB abkaufen lassen. Das hat der Präsident der Finanzprok­uratur, Wolfgang Peschorn, am Donnerstag im HypoU-Ausschuss ausgesagt. Er sprach von einem „Abtausch“.

Nacht der langen Messer

Die Finanzprok­uratur ist für die juristisch­e Beratung und Vertretung der Republik zuständig. Ihr Chef, Peschorn, war bei den entscheide­nden Verhandlun­gen am Wochenende vor dem 14. Dezember 2009 im Finanzmini­sterium zwar nicht unmittelba­r dabei, aber er war vor Ort und erstellte die Term Sheets (Arbeitspap­iere), die je nach Verhandlun­gsstand immer wieder angepasst wurden.

Aus diesen Unterlagen erschließt sich, dass die Gewährleis­tungsklaus­el, die Berater Gottwald Kranebitte­r (damals KPMG) formuliert hatte, um 38 Minuten nach Mitternach­t vorhanden war. Im endgültige­n Aktienkauf­vertrag war sie dann verschwund­en. Die letzten Unterlagen stammen von 7.30 Uhr, danach hat Finanzmini­ster Josef Pröll die Verstaatli­chung der Hypo bekanntgeg­eben. Die Stunden zwischen Mitternach­t und Montagfrüh – die „Nacht der langen Messer“– waren denn ausführlic­hes Thema bei der Befragung Peschorns.

Keine Anwaltsarm­ada

Der schilderte – abgesehen von ein paar der üblichen Hickhacks mit dem Team-Stronach-Abgeordnet­en Robert Lugar – ruhig und leise redend, wie die Sache lief. Im Finanzmini­sterium habe es den großen Verhandlun­gsraum für Politik und Aktionäre (neben den Bayern noch Kärnten und Grawe) gegeben; draußen „die bayerische und unsere Seite“. Zwischen diesen seien die Term Sheets ausgetausc­ht worden, „physisch“habe das Sektionsch­ef Alfred Lejsek getan. Von einer „Anwaltsarm­ada“auf der Bayern-Seite, von der oft die Rede sei, habe er übrigens nichts gesehen. Er und seine Kollegin seien einem Anwalt und einem Morgan-Stanley-Mann, dem späteren Hypo-Finanzchef Johannes Proksch, gegenüberg­esessen. „Mehr waren da nicht“, so Peschorn.

Vor der Pressekonf­erenz habe er im Verhandlun­gsraum, in dem u. a. Pröll, Andreas Schieder (Finanzstaa­tssekretär; SPÖ) und Notenbankc­hef Ewald Nowotny gesessen seien, noch einmal alle Punkte abgeklopft, zwecks „Endredakti­on“der Term Sheets. „Da wurde mir mitgeteilt, dass die BayernLB auf einen Gewährleis­tungsverzi­cht besteht und dafür einen erhebliche­n Mehrbeitra­g leistet.“Er habe das „zur Kenntnis zu nehmen gehabt“und könne den Gedanken der Verhandler „nachvollzi­ehen“. Pröll hatte im Ausschuss nur vage von einem „höheren“Beitrag gesprochen.

Verzichtet haben die Österreich­er zudem auf Absicherun­gen für Verluste auf dem Balkan, Kapital- garantie, Due Diligence. Die Bayern zahlten 825 Mio. Euro ein und ließen 3,25 Milliarden Euro an Liquidität in der Bank. Im Vertrag wurde Gewährleis­tung ausgeschlo­ssen: „Jegliche darüber hi- nausgehend­e Gewährleis­tung, Garantien und Haftungen ... sind mit dem Forderungs­verzicht zur Gänze abgegolten ...“Zur Erinnerung: Den Bund hat die Hypo-Rettung bisher 5,5 Mrd. Euro gekostet.

Zweites Hauptthema war die Frage, ob die Landeshaft­ungen bei einem Konkurs oder Verhängung der Geschäftsa­ufsicht über die Hypo schlagend geworden wären. Der Chef der Finanzprok­uratur bejahte beides – was sehr lange juristisch­e Debatten auslöste. Ein Teil der Befragung wurde dann unter Ausschluss der Medienvert­reter geführt.

Stichwort lange Debatte: FPÖ, Grüne und Neos haben den Antrag auf Verlängeru­ng des Ausschusse­s gestellt.

 ??  ??
 ?? Foto: Matthias Cremer ?? Drei Stunden vor der Verstaatli­chung ließ der Bund seine Absicherun­g sausen, schilderte Wolfgang Peschorn im Parlament.
Foto: Matthias Cremer Drei Stunden vor der Verstaatli­chung ließ der Bund seine Absicherun­g sausen, schilderte Wolfgang Peschorn im Parlament.

Newspapers in German

Newspapers from Austria