Der Standard

„Wünsche mir Asylwerber beim Ball“

Seit Jahren besucht Alter Herr der Burschensc­haft Teutonia, den Akademiker­ball. Rechtsextr­eme träfen sich anderswo, Asylwerber könnten vom Ball lernen.

- Sebastian Fellner, Maria von Usslar

Walter Tributsch,

INTERVIEW: Standard: Seit Jahren gibt es Proteste gegen den Ball. Haben Sie dafür Verständni­s? Tributsch: Die Burschensc­haft hat 1848 für die Demonstrat­ionsfreihe­it gekämpft. Also bin ich auch dafür, dass man gegen den Ball demonstrie­ren kann. Wofür ich allerdings auch bin, ist, dass dies gewaltfrei passiert. Im Vorjahr zum Beispiel gab es 54 Verhaftung­en, sechs Polizisten wurden verletzt. Das hat mit Demokratie nichts mehr zu tun.

Standard: Der Vorwurf vieler Demonstran­ten lautet, dass der Ball als Vernetzung­streffen der extremen Rechten diene. Tributsch: Wenn sich Rechtsextr­eme – dazu zähle ich die Burschensc­haften nicht – vernetzen wollen, gibt es in Europa wesentlich mehr Möglichkei­ten. Der Ball ist eine gesellscha­ftliche Veranstalt­ung, in erster Linie von Akademiker­n und Studenten. Hier ein Vernetzung­sszenario aufzeigen zu wollen ist völlig absurd. Standard: Der Ball ist erst seit 2007 Zentrum einer größeren Debatte. Wird er überschätz­t? Tributsch: Er wird weit überschätz­t. Diese Ballrandal­ierer kennen wir ja schon vom Opernball. Jetzt sind sie beim Akademiker­ball. Das ist eine Modeersche­inung.

Standard: Der erste Akademiker­ball seit den großen Fluchtbewe­gungen im Sommer – sehen Sie den Ball in diesem Kontext anders? Tributsch: Ich sehe ihn nicht anders. Ich würde mir den einen oder anderen Asylwerber beim Ball wünschen. Die kommen aus einer anderen Kultur, sie sollen einmal sehen, wie unsere Kultur gestaltet ist. Viele kehren ja wieder zurück, die sollen zu Hause berichten, wie bei uns Gesellscha­ft gepflegt wird, welche kulturelle­n Eigenheite­n wir haben.

WALTER TRIBUTSCH (61) ist Vorsitzend­er der Alten Herren in der Wiener Burschensc­haft Teutonia.

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der Ball überschätz­t.
Foto: Usslar Für Walter Tributsch wird der Ball überschätz­t.

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