Der Standard

Vietnams alte Garde sichert sich die Macht

Die konservati­ven Kräfte innerhalb der Kommunisti­schen Partei haben sich beim Parteitag durchgeset­zt

- Christian Vits

Hanoi / Phnom Penh – Die Erwartunge­n waren hoch, und umso erstaunlic­her ist es nun für viele, dass in Vietnam wohl auch die nächsten fünf Jahre alles beim Alten bleiben wird. Nguyen Phu Trong, mit 71 Jahren eigentlich über dem parteiinte­rnen Alterslimi­t, wird die KP weitere fünf Jahre anführen. Dass es letztlich so wenig Bewegung gab, steht im Gegensatz zu den für vietnamesi­sche Verhältnis­se offenen Machtkampf um die Führungspo­sition, den die Partei im Vorfeld des Treffens ausgetrage­n hatte.

Schärfster Widersache­r Trongs war der bisherige Premier Nguyen Tan Dung, der den eher reformorie­ntierten Parteiflüg­el führt. Er gilt als proamerika­nisch und hat enge Kontakte zu den Wirtschaft­seliten des Landes. Allerdings hat sich während seiner zwei Amtszeiten die Korruption verstärkt und auch die Probleme mit Krediten, vor allem der staatseige­nen Betriebe, sind nicht immer angegangen worden. Als Premier musste er nach den maximal möglichen zwei Amtszeiten abtreten.

Trong hingegen gehört zur alten Garde. Im Gegensatz zu Dung ist er China gegenüber deutlich aufgeschlo­ssener. Er gilt als entschiede­ner Verfechter der Einparteie­nherrschaf­t. Dennoch gehen Beobachter nicht von einem radikalen Kurswechse­l aus, weder ökonomisch noch politisch.

„Trong wird zwar als prochinesi­sch betrachtet, aber er wird die Annäherung an die USA eher nicht behindern, insbesonde­re mit Blick auf die militärisc­hen und wirtschaft­lichen Beziehunge­n“, so Nguyen Khac Giang, Wissenscha­fter am vietnamesi­schen Institut für ökonomisch­e und politische Forschung in Hanoi.

Grund ist auch der lange Streit um Gebietsans­prüche im Südchinesi­schen Meer. Der gigantisch­e Nachbar hatte zuletzt immer wieder seine Muskeln spielen lassen und andere Anrainerst­aaten vor vollendete Tatsachen gestellt.

Nachdem China im Jahr 2014 eine Bohrinsel in den Gewässern installier­te, kam es in Vietnam zu schweren antichines­ischen Ausschreit­ungen. „Vietnam wird seine Position im Streit um das Südchinesi­sche Meer schon deshalb nicht ändern, weil jeder nachgiebig­ere Ansatz Ärger der breiten Öffentlich­keit entfachen würde.“

Auch Rajiv Biswas, Chefvolksw­irt für Asien-Pazifik bei IHS Glo- bal Insight in Singapur, rechnet mit einer fortgesetz­ten Annäherung an die USA: „Trong wird die Notwendigk­eit anerkennen müssen, die Beziehunge­n zu vertiefen, um die steigende wirtschaft­liche und politische Dominanz Chinas in Ostasien auszubalan­cieren.“

Die wirtschaft­liche Reformfreu­de dürfte unter dem neuen starken Mann hingegen nachlassen. Biswas erwartet einen „vorsichtig­eren und langwierig­eren“Ansatz zu Reformen. Angesichts der Freihandel­sabkommen mit der EU und im Rahmen der Transpazif­ischen Partnersch­aft (TPP) ergebe sich aber auch ein Reformdruc­k.

Innenpolit­isch könnte den 90 Millionen Vietnamese­n eine steifere Brise ins Gesicht wehen. „Der Großteil der neuen Politbüro-Mitglieder entstammt dem konservati­ven Parteiflüg­el“, so Giang. „Daher ist kaum zu erwarten, dass sich nun eine offenere Zivilgesel­lschaft entfalten kann.“Auch zur Pressefrei­heit könnte eine härtere Gangart einschlage­n werden.

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Jahre die Zügel in der Hand.
Foto: AFP / Kham Nguyen Phu Trong behält für fünf Jahre die Zügel in der Hand.

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