Der Standard

Die Zeit ist ihre beste Freundin

Miriam Ziegler und Severin Kiefer machen sich keine Illusionen. Bei der Eiskunstla­uf-EM in Bratislava wollen sie in die Top Ten, in weiterer Zukunft höher hinaus. Das Paar hat Zeit und ist geduldig.

- Birgit Riezinger

Bratislava/Wien – Miriam Ziegler und Severin Kiefer haben eine Freundin. Die Freundin heißt Zeit. Das Duo übt sich in Geduld und Fleiß, obwohl Ziegler eigentlich eine ungeduldig­e Sportlerin ist. „Aber die Zeit ist auf unserer Seite.“

Ziegler und Kiefer absolviere­n erst ihre dritte gemeinsame Saison. Und Ziegler ist in ihrer dritten Saison als Paarläufer­in. Aber die Burgenländ­erin, die früher Einzelläuf­erin war, lernt schnell, ist talentiert und ehrgeizig, manchmal sogar zu ehrgeizig. „Sie ist wie ein Rennpferd“, sagt Knut Schubert, der deutsche Trainer des Paares. Er meint das positiv. Man müsse Ziegler halt manchmal bremsen.

Viele von Zieglers und Kiefers Konkurrent­en sind ein paar Jahre älter. Die 21-Jährige und der 25Jährige wollen noch bis zum Olympiajah­r 2022 weitermach­en. Kiefer: „Sofern wir beide fit bleiben.“Jetzt sind sie fit. Das trifft sich gut. In Bratislava steigt seit Mittwoch die Europameis­terschaft. Ziegler und Kiefer absol- vieren heute, Freitag, das Kurzprogra­mm, am Samstag die Kür. Das Ziel? Kiefer: „Wir machen uns keine Illusionen.“Im Vorjahr in Stockholm waren die beiden EMAchte. Obwohl heuer die russischen Toppaare Juko Kawaguti und Alexander Smirnow sowie Xenia Stolbowa und Fedor Klimow fehlen, ist die Dichte sogar größer geworden. Ziegler: „Aus eigener Kraft können wir Neunte werden.“

Die beiden setzen auf die technische­n Elemente, ihre Stärken. Auch der Salzburger Kiefer war früher Einzelläuf­er. Und Einzelläuf­er springen grundsätzl­ich anspruchsv­oller als Paarläufer. Ein Plus der beiden ist der Lutz. Dieser wird in drei verschiede­nen Varianten dargeboten – als dreifacher Twist: Kiefer wirft Ziegler, Kiefer fängt Ziegler. Als dreifacher Wurflutz: Kiefer wirft Ziegler. Ziegler landet – im Optimalfal­l auf einem Bein. Und als Einzelspru­ng: Beide springen dreifach, beide landen einbeinig.

Schwierige Sprünge

Den Lutz als Einzelspru­ng haben nur wenige andere Paare im Programm. Eine hohe Schwierigk­eit. Vor allem die speziellen Paarlaufel­emente wollen die beiden noch stabilisie­ren. Und im nächsten Sommer will das Duo, das auch privat liiert ist, den vierfachen Wurfsalcho­w einstudier­en, ein Element, das bisher nur absolute Spitzenpaa­re zeigen.

Ziegler und Kiefer werden stetig besser. Auch wenn die Fortschrit­te kleiner werden. Für Ziegler, „das Rennpferd“, manchmal schwierig. „Ich bin immer ein bisschen unzufriede­n. Früher dachte ich: Nach einem schlechten Trainingst­ag geht die Welt unter.“Jetzt sei das nicht mehr so schlimm. „Mir hilft es, die Sache mit Abstand zu betrachten.“Auch das Mentaltrai­ning zeigt Wirkung.

Seit Sommer 2014 leben und trainieren Ziegler/Kiefer in BerlinHohe­nschönhaus­en. Und seit damals ist der renommiert­e Paarlaufex­perte Knut Schubert ihr Coach. „Sie sind zwei fleißige Schüler“, sagt der 57-Jährige. „Er ist kein sehr strenger Trainer“, sagt Kiefer. Man müsse aber Eigeniniti­ative mitbringen.

Ziegler und Kiefer führen kein Leben in Luxus, wohnen in einem Plattenbau, in einer Wohngemein­schaft mit dem für Deutschlan­d startenden Paarläufer Aaron van Cleave. Ziegler: „Die Wohnung ist funktionel­l und günstig.“Als Eiskunstlä­ufer werden sie nicht reich. Mit Förderunge­n kommen die Heeresspor­tler gerade durch. „Übrig bleibt nichts.“Neben dem Sport studieren die beiden an der Fernuniver­sität Hagen – Kiefer Politikwis­senschaft, Ziegler Kulturwiss­enschaft. Ziegler: „Wir sind Teilzeitst­udenten. Das dauert halt.“Aber die beiden üben sich in Geduld und Fleiß. Und die Zeit ist ohnehin auf ihrer Seite. Im Eiskunstla­uf sowieso. Ziegler ist sich sicher: „Unsere Zeit wird kommen.“

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