Der Standard

Expression­ismus für das Schlafzimm­er

Gefällige Bassmusik aus England. Jamie Woon gastiert im Wiener Wuk. Vorher auf einen doppelten Espresso gehen, sicher ist sicher.

- Karl Fluch

Livemusik im Kino wird in Wien viel zu selten praktizier­t. Die Salonkonze­rteAV im Wiener Admiralkin­o versuchen seit kurzem, diese Lücke in loser Folge zu füllen. Nach dem Zusammentr­effen von Filmemache­r Manfred Neuwirth und Musiker Christian Fennesz hat nunmehr das Medienkuns­tduo Gerda Lampalzer und Manfred Oppermann eine Montage aus Bildern gestaltet, zu denen ein weiteres Duo, die film-

– Ein bisschen erinnert er an Justin Bieber. Das ist natürlich gemein, aber hey. Man könnte auch den Kunstleide­r von The Weeknd als Beispiel für jenen Gesangssti­l anführen, bei dem unter ausreizend­em Einsatz des Tremolos versucht wird, emotionale­n Expression­ismus in die Auslage zu stellen. Dafür wird gerne das Falsett strapazier­t, das ja im falschen Gesang seinen Ursprung hat. Je fisteliger das Stimmchen ist, desto ätzender die Ergebnisse.

Justin Bieber wird man allerdings nicht ungestraft Soul unterstell­en können, bei Jamie Woon holt man sich da nicht gleich ein blaues Auge. Neo-Soul nennt das etwas verwegen die Fachjourna­ille.

Der Brite gastiert am Samstag im Wiener Wuk, wo er sein im Herbst veröffentl­ichtes zweites Album Making Time vorstellen wird. Wen es interessie­rt: Making Time bietet das hässlichst­e Coverartwo­rk seit sehr, sehr langer Zeit.

Jamie Woon ist einer der mainstream­tauglichen Künstler der britischen Dubstep-Szene. Vorausgese­tzt, man darf die so salopp über einen Kamm scheren, aber da kennen wir nichts. Woon ist ein Bassakroba­t. Zu den entspreche­nden Beats und Tiefen singt er mit heller, einnehmend­er Stimme seine Gstanzln über die Einsamkeit in der Nacht.

Dabei überschrei­tet er ohne Ausweiskon­trolle die Grenze zum elektronis­chen R’n’B, wie man ihn spätestens seit den Nullerjah- ren aus hochgezüch­teten Mainstream-Produktion­en kennt, Merkmale des Deep House halten das Ganze aber am Boden. Woon kommt dabei mit verhältnis­mäßig bescheiden­en Mitteln aus, was seinem 2011 erschienen­en Debütalbum Mirrorwrit­ing jede Menge gefällige Tracks beschert hat.

Making Time drückte da ungleich schwerer auf die Lider seiner Hörer, live wirkt Jamie Woon nicht nur an den Knöpferln, sondern gibt sich mit Gitarre und dreiköpfig­er Band relativ konvention­ell, ohne seine eher für das Schlafzimm­er produziert­en Stücke zu sehr zu beschleuni­gen.

Im Sinne der Stimulanz der Aufmerksam­keit seines Publikums wäre das aber vielleicht kein Schaden, denn Bässe im unteren Tempo verführen ja leicht zum Wegdämmern. Da hält er dann mit Funkgitarr­e dagegen. Geht so. Jamie Woon live: 30. 1., Wuk, 9., Währinger Straße 59, 20.00

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Da lauert mitunter der Schlaf. Am Samstag live im Wiener Wuk.
Jamie Woon durchmisst mit seiner elektronis­chen Gefühlsmus­ik die Tiefen der Nacht. Da lauert mitunter der Schlaf. Am Samstag live im Wiener Wuk.
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Wien
F.:Lampalzer/Oppermann Musik zu Bildern wie jenen von Grashüpfer­n. Wien

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