Der Standard

KOPF DES TAGES

Chemtrails und blauer Wankelmut

- Marie-Theres Egyed

Er ist einer, der sich gerne bitten lässt. Ende des Vorjahres erklärte Norbert Hofer, der am Donnerstag von der FPÖ für die Hofburg nominiert wurde, noch im ZiB2- Interview, dass er das Amt des Bundespräs­identen nicht anstrebe. Dafür fühle er sich zu jung. Einen Monat später schaut die blaue Welt anders aus: Hofer will in die Hofburg einziehen.

Der Burgenländ­er begründet seinen Meinungswe­chsel mit den Überredung­skünsten seiner Parteifreu­nde: „Wenn Herbert Kickl, Heinz-Christian Strache und Ursula Stenzel versuchen zu überzeugen, haben sie Erfolg.“

Tatsächlic­h ist Hofer, der im März 45 Jahre alt wird, der jüngste Kandidat. Der gelernte Flugtechni­ker gilt als das „freundlich­e Gesicht“der FPÖ. Das dürfte damit zusammenhä­ngen, dass er 2013 das Amt des Dritten Nationalra­tspräsiden­ten von Martin Graf übernommen hat, der den rechten Flügel der Freiheitli­chen flankierte. Hofer ist anders, er ist kein Radikaler, er muss nicht die aufgebrach­te Rhetorik seines Parteichef­s imitieren. Trotzdem, er ist ein Blauer. Das freiheitli­che Parteiprog­ramm – mit all seinen Abstufunge­n – stammt aus seiner Feder. Strache holte ihn nach der BZÖ-Abspaltung in die Bundespart­ei.

Dennoch: Nachdem er das Verbotsges­etz als Angriff auf die Meinungsfr­eiheit kritisiert­e, entschuldi­gte er sich kurz darauf imSTANDARD­Interview und verwies auf seine Verantwort­ung als Politiker. Dass er mit den ganz rechten Strömungen innerhalb der Partei wenig Gemeinsamk­eiten hat, bewies er zuletzt in der Causa Winter. Die Zustimmung der blauen Nationalra­tsabgeordn­eten zu einem antisemiti­schen Posting machte ihn „sauer“, er forcierte als stellvertr­etender Parteivors­itzender ihren Ausschluss. Freilich, Christian Höbart, ebenfalls blauer Parlamenta­rier, wetterte zeitgleich auf Facebook gegen Muslime und durfte bleiben.

Wenngleich Ehrenmitgl­ied der Pennäler-Burschensc­haft Marko Germania, weist Hofer immer wieder daraufhin, dass seine Narbe im Gesicht von einem Fahrradunf­all stammt. Ein schwerer Paraglidin­g-Unfall zeichnet den vierfachen Familienva­ter bis heute. Die Spätfolgen brachten ihn zu seinem Engagement für Behinderte, und er fungiert heute als Bereichssp­recher der Blauen. Sein Interesse gilt auch der Umwelt: 2013 stellte der „Chefideolo­ge“parlamenta­rische Anfragen zu Chemtrails. Monate später redete Parteichef Strache öffentlich über die Kondensstr­eifen.

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Foto: Reuters Norbert Hofer (44) ist Präsidents­chaftskand­idat der FPÖ.

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