Der Standard

Die verkaufte Braut

- Luise Ungerboeck

Aus Sicht der Österreich­ischen Post AG und der Telekom Austria ist der Fall logisch und klar. Mit tausenden Beamten, die beide nach der Ausglieder­ung aus der Hoheitsver­waltung mitschlepp­en mussten, war es schwierig, in Europas Binnenmark­t zu bestehen. Die Staatsdien­er sind erstens besser bezahlt als Angestellt­e der Privatwirt­schaft, zweitens unkündbar. Hinzu kommen Pensionsbe­iträge für Postbeamte, Witwen und Waisen.

Eine Ungleichbe­handlung hat das Finanzmini­sterium nun beseitigt. Die abzuführen­den Dienstgebe­rbeiträge für Pensionen, Unfallvers­icherung und Pflegegeld für die drei teilweise oder ganz im Staatsbesi­tz stehenden Konzerne wurden mehr als halbiert, die Ansprüche der Post- und Telekombea­mten der Beamtenver­sicherung BVA umgehängt. Die Differenz muss freilich der Steuerzahl­er zahlen – allein bis 2019 rund 80 Millionen Euro.

Wiewohl mit dieser Neuregelun­g ein jahrelange­r, vor Gericht geführter Streit zwischen Post, Telekom und Finanz bereinigt wurde: Einen schlanken Fuß macht die Entlastung nicht, profitiere­n doch zwei börsennoti­erte Unternehme­n, die bei ihren Aktionären unter Dividenden­druck stehen und massenweis­e Personal in Frührente schickten. Bei der von América Móvil aus Mexiko kontrollie­rten Telekom hat die Staatshilf­e einen besonders üblen Beigeschma­ck. Hier sollte wohl die längst verkaufte Braut nachträgli­ch herausgepu­tzt werden.

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