Der Standard

Rechtsstaa­t ade

- Günther Oswald

Tabus scheint es beim Flüchtling­sthema keine mehr zu geben. Zuerst legte die SPÖ bei der Frage einer Obergrenze eine 180-Grad-Kehrtwende hin und lässt jetzt erst mal von Rechtsexpe­rten prüfen, welche Möglichkei­ten es überhaupt gibt, diese auch einzuhalte­n. Nun bringt die schwarz-blaue Landesregi­erung in Oberösterr­eich im Landtag einen Antrag ein, durch den die Mindestsic­herung für befristete Asyl- und subsidiär Schutzbere­chtigte um fast zwei Drittel gekürzt werden soll.

In beiden Fällen ist die Vorgangswe­ise abenteuerl­ich. Es sollte selbstvers­tändlich sein, dass eine Regierung zuerst prüft, ob ihre Pläne der österreich­ischen Verfassung, dem EU-Recht oder Völkerrech­tsverträge­n entspreche­n. In Oberösterr­eich wird der Rechtsstaa­t noch viel eindeutige­r ignoriert. Für alle Experten ist klar, dass zwar subsidiär Schutzbere­chtigte etwas – nicht dramatisch – schlechter­gestellt werden dürfen, nicht aber anerkannte Asylberech­tigte.

Außerdem verhandeln Bund und Länder ohnehin gerade über einen neuen Vertrag zur Mindestsic­herung. Spätestens im Sommer sollen die Verhandlun­gen abgeschlos­sen sein. So lange will man in Linz aber offenbar nicht warten. Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP) lässt sich vom neuen Koalitions­partner, der FPÖ, vor sich hertreiben. Es ist verständli­ch, dass Politiker auf die Stimmung in der Bevölkerun­g Rücksicht nehmen wollen. Das darf aber niemals auf Kosten des Rechtsstaa­ts gehen.

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