Der Standard

Postenpoke­r in der Verlängeru­ng

Spanien: Sozialiste­nchef plant lange Koalitions­gespräche

- Reiner Wandler aus Madrid

Mindestens einen Monat müssen sich Spaniens Wähler aller Voraussich­t nach noch gedulden, bis ihnen eine neue Regierung präsentier­t wird. So lange will sich der Chef der Sozialiste­n (PSOE), Pedro Sánchez, Zeit lassen, um ein Kabinett zu bilden, wie er in der Nacht auf Mittwoch ankündigte. Kurz zuvor war er von König Felipe VI. mit der Bildung einer Regierung beauftragt worden. Der noch amtierende konservati­ve Premier Mariano Rajoy war damit vorerst gescheiter­t. Sánchez sagte, er werde „seine Hände in beide Richtungen ausstrecke­n“– zu den rechtslibe­ralen Ciudadanos also ebenso wie zur Antiauster­itätsparte­i Podemos.

Klare Priorität haben für Sánchez die Ciudadanos. Schon bald will er deren Chef Albert Rivera treffen. Der Rechtslibe­rale will erreichen, dass der PSOE und der konservati­ve PP aufeinande­r zugehen, um Podemos, die er als Gefahr für die Stabilität sieht, zu isolieren.

Dies wiederum wäre eine herbe Enttäuschu­ng für die sozialisti­sche Basis, die mehrheitli­ch auf ein Linksbündn­is hofft. Sánchez will – so scheint es – mit allen Mitteln eine Koalitions­regierung in der Podemos-Chef Pablo Iglesias den Vizepremie­rsposten bean- sprucht, vermeiden. Er hofft auf die Stimmen von Podemos und Ciudadanos für eine sozialisti­sche Minderheit­sregierung, die dann – einmal im Amt – mit wechselnde­n Mehrheiten regieren kann. Sozialpoli­tik mit Podemos, Sparmaßnah­men mit Ciudadanos und PP.

Genau um das zu verhindern, will Podemos ein Kabinett, das „proportion­al zu den Wählerstim­men“besetzt ist, so Iglesias. Seine Fraktion hat nur 300.000 Stimmen weniger als der PSOE und hätte bei möglichen Neuwahlen gute Chancen, diesen zu überholen. Für Sánchez geht es um alles oder nichts. Scheitert er, dann wird er wohl kaum Parteichef bleiben.

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für PSOE-Chef Pedro Sánchez.
Foto: Reuters / Sergio Perez „Alles oder nichts“heißt es bald für PSOE-Chef Pedro Sánchez.

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