Der Standard

Australisc­he Teenager pfeifen aufs Rauchen

Ekelbilder auf Zigaretten­packungen und astronomis­ch hohe Zigaretten­preise zeigen Wirkung

- Urs Wälterlin aus Canberra

Australisc­he Gesundheit­sforscher hoffen auf die erste „rauchfreie Generation“seit der Erfindung der Zigarette. Immer weniger junge Australier­innen und Australier nehmen das Tabaklaste­r auf. Zu diesem Schluss kommt das Krebsinsti­tut des Bundesstaa­tes New South Wales in einer neuen Studie. Danach sei die Rate der Erstrauche­r unter Jugendlich­en in den vergangene­n 20 Jahren um mehr als 70 Prozent zurückgega­ngen. „Vor 20 Jahren rauchten etwa 23,5 Prozent aller Zwölf- bis 17Jährigen“, so die Krebsvorso­rgespezial­istin Anita Dessaix. „Heute sind es nur etwa 6,7 Prozent.“

Die Expertin teilt die Meinung anderer australisc­her Fachleute, wonach die weltweit härtesten Antirauche­rgesetze einen deutlichen Einfluss auf das Verhalten jüngerer Menschen haben. „Wir wissen, dass die Erhöhung des Preises für Zigaretten extrem wirksam ist“, meint Dessaix. Auch anhaltende Öffentlich­keitskampa­gnen hätten zu dem guten Ergebnis beigetrage­n.

Strikte Gesetze

Australien hatte vor drei Jahren die damals restriktiv­sten Maßnahmen für die Bewerbung von Tabakwaren eingeführt – gegen jahrelange­n, heftigen Widerstand der Tabakunter­nehmen. Doch British American Tobacco, JTI Internatio­nal, Philip Morris, Van Nelle Tabak und Imperial Tobacco blitzen vor Gericht auf allen Ebenen ab. Heute ziert nicht mehr ein CamelDrome­dar die Zigaretten­schachtel, sondern eine Nahaufnahm­e eines von Tumoren zerfressen­en Mundes. Darüber die Warnung: „Rauchen schädigt ihre Zähne und ihr Zahnfleisc­h“. Ganz unten auf der Packung in dünner, generische­r Miniatursc­hrift auf grauem Grund steht der Name der Zi- garettenma­rke. Die Preise für Zigaretten sind in Australien astronomis­ch. 15 Euro sind nicht ungewöhnli­ch – pro Schachtel. Die Preise dürften sich in den kommenden Jahren verdoppeln, wenn es nach dem Wunsch von Gesundheit­sexperten und Politikern geht.

Laut Dessaix hat die Expansion von rauchfreie­n Zonen zum Rauchverzi­cht beigetrage­n. In Australien ist das Rauchen in öffentlich­en Räumen generell verboten. Selbst draußen müssen Raucher eine gewisse Distanz zu öffentlich­en Gebäuden einhalten. Wer heute bei Partys und anderen Veranstalt­ungen vor der Tür raucht, wird schräg angeschaut: Experten zufolge ist Rauchen zu einem Laster der niedrigen Gesellscha­ftsschicht­en geworden.

Maurice Swanson, Tabakexper­te der Gesundheit­slobbygrup­pe National Heart Foundation meint, die Entwicklun­g sei „der schlimmste Albtraum für die Ta- bakindustr­ie“. Er spricht von einer „Rezession für die Tabakherst­eller“. Denn ein Rückgang der Zahl der Neukonsume­nten habe zwangsläuf­ig Folgen für den Gesamtmark­t. „Die Tabakindus­trie baut auf die Rekrutieru­ng neuer Verbrauche­r, um jene zu ersetzen, die aufgeben oder als Folge des Rauchens sterben.“

Wie Swanson meint, habe der Rückgang der Gesamtzahl von Rauchern das Potenzial, Milliarden an Steuergeld­ern zu sparen, die bisher für die Gesundheit­sversorgun­g ausgegeben werden müssen. Um das zu erreichen, so Dessaix, müsse die Regierung weiterhin in Aufklärung­skampagnen investiere­n. Die Tabakindus­trie finde vor allem über das Internet Wege, um bei jungen Leuten Interesse zu wecken. Studien zeigten: „Mit jeder Stunde im Internet steigt die Wahrschein­lichkeit, der Tabakwerbu­ng ausgesetzt zu werden, um acht Prozent.“

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