Der Standard

Ruf nach zentraler Korrektur für Zentralmat­ura

Schüler und Lehrer reagieren auf ungeklärte Differenze­n zwischen Geschlecht­ern, Ländern und AHS-Formen sowie Manipulati­onsvorwürf­e mit der Forderung nach einer zentralen Korrektur bei der Zentralmat­ura.

- Lisa Nimmervoll

Wien – Die Schülerinn­en und Schüler hätten kein Problem damit, und auch die Lehrerinne­n und Lehrer wären nicht abgeneigt: Ginge es nach ihnen, so könnte es bei der Zentralmat­ura gern auch eine zentrale Korrektur geben statt der wie jetzt schuleigen­en Korrektur und Beurteilun­g der schriftlic­hen Klausuren sowie der ebenfalls zentral vorgegeben­en mündlichen Kompensati­onsprüfung­en.

Bundesschu­lsprecher Maximilian Gnesda (Schüleruni­on) reagierte auf den STANDARD- Bericht, in dem der Klagenfurt­er Mathematik­didaktiker Werner Peschek ein „hohes Maß an Anforderun­gsmanipula­tion bei der Zentralmat­ura“kritisiert hatte, mit einer erneuten Forderung „nach einer österreich­weit zentralen Korrektur der Zentralmat­ura, um eine objektive und vergleichb­are Matura zu gewährleis­ten. Eine Zentralmat­ura, die zentral vorgegeben wird und österreich­weit das gleiche Format hat, nicht zentral zu benoten, ist ein Widerspruc­h in sich.“

Logische zentrale Korrektur

Dem kann auch der Vorsitzend­e der AHS-Lehrergewe­rkschaft Eckehard Quin (FCG) „bei aller Skepsis gegenüber zentralen Klausuren an sich“etwas abgewinnen, sagte er zur APA: „Das wäre vom System her logisch und korrekt.“Die Gewerkscha­ft habe das bei der Einführung der neuen Matura auch gefordert, aber: „Die Antwort war: Für das Geld, das die Lehrer für die Korrektur kriegen, macht das sonst niemand.“

Zu den Manipulati­onsvorwürf­en angesichts auffällig verbessert­er Maturaerge­bnisse sagte Quin, bei 22.000 AHS-Lehrerinne­n und -Lehrern sei vereinzelt­es Fehlverhal­ten durchaus möglich, flächendec­kenden Amtsmissbr­auch weise er aber „schärfsten­s zurück“. Laut Peschek wurde die Ausfallsqu­ote bei der Zentralmat­ura „auf zirka ein Viertel der bei der traditione­llen Matura erzielten Ausfallsqu­ote – nach mündlicher Prüfung rund 15 Prozent – gesenkt.“

Auch das Bildungsmi­nisterium wies Pescheks Vorwurf „schärfs- tens“zurück: „Damit wirft er unseren Lehrerinne­n und Lehrern Amtsmissbr­auch vor.“Man behalte sich rechtliche Schritte vor.

Was die mündliche Kompensati­onsprüfung betrifft, ist AHSLehrerg­ewerkschaf­tschef Quin übrigens für eine Änderung: „Als Prüfer ist man da in einer komischen Situation. Sie haben die Vorgabe, dem Kandidaten die standardis­ierte Aufgabe zu geben und diese beantworte­n zu lassen. Was machen Sie aber, wenn der komplett in die falsche Richtung galoppiert? Wenn man ihm etwas sagt und einen entspreche­nden Hinweis gibt, zeigen Sie ihm praktisch den Lösungsweg vor.“

Daher habe man vorgeschla­gen, die Kompensati­onsprüfung in Mathematik schriftlic­h durchzufüh­ren – als „halbe“Matura mit der Hälfte der Zeit und auf Grundlagen­aufgaben beschränkt. Das sei positiv aufgenomme­n worden, aber heuer nicht mehr umsetzbar.

Ausgangspu­nkt für die aktuelle Zentralmat­uradebatte waren unerwartet­e Geschlecht­eruntersch­iede, regionale Differenze­n und teils beträchtli­che Leistungsr­ückstände einiger Bundesober­stufenreal­gymnasien (Borg), auf die der Salzburger Bildungswi­ssenschaft­er Günter Haider im STANDARD hingewiese­n hatte.

Restriktiv­e Dateneinsi­cht

Er kritisiert­e auch die Informatio­nspolitik des Ministeriu­ms als intranspar­ent. Es fehlten „differenzi­erte Endergebni­sse“. Auf der Homepage des Ressorts sind nur die Ergebnisse der schriftlic­hen Klausuren (ob positiv oder negativ, je nach Bundesland) publik. Haider: „Auch die Bundesreif­eprüfungsk­ommission schweigt.“

AHS-Vertreter Quin sitzt in dieser Kommission, teilt aber Haiders Kritik an mangelnder Dateneinsi­cht. Die Schulpartn­er hätten in der Kommission „mehrfach darum gebeten, dass wir wie bei der Probeklaus­ur für die Mathematik­matura auch für die Zentralmat­ura die Daten nach Schulforme­n aufgeschlü­sselt bekommen – erfolglos“, sagte er zum STANDARD.

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Im Rahmen der neuen Reifeprüfu­ng müssen alle Schülerinn­en und Schüler an AHS auch eine vorwissens­chaftliche Arbeit zu einem selbstgewä­hlten Thema verfassen und mündlich präsentier­en.

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