100 Milliarden Euro Kosten durch Grenzkontrollen
Französische Studie warnt vor Folgen einer Schengen-Implosion für die Wirtschaft
Wien – Die zunehmenden Kontrollen an den Staatsgrenzen innerhalb des Schengenraumes sind nicht nur lästig für Reisende. Sie könnten sich auch extrem nachteilig für die europäische Wirtschaft auswirken. Sollten die Kontrollen tatsächlich längerfristig wieder eingeführt werden, könnte das die Schengenländer rund 100 Milliarden Euro kosten. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Mittwoch vorgestellte Studie des Instituts France Stratégie, das der französischen Regierung nahe steht.
Die französischen Ökonomen haben versucht zu berechnen, wie viel der durch die Passkontrollen ausgelöste Zeitverlust die Wirtschaft kosten würde. Angenommen wurde dafür, dass die Grenzüberprüfungen denselben Effekt haben werden wie die Einführung eines Zolltarifes von drei Prozentpunkten auf den Wert der gehandelten Waren.
Unter dieser Annahme wäre die Wirtschaftsleistung der 26 Schengenländer im Jahr 2025 um 0,8 Prozentpunkte niedriger, als wenn die Grenzen offen bleiben würden. Ein Einbruch bei der Wirtschaftsleistung in dieser Höhe entspricht 100 Milliarden Euro. Daneben warnen die Forscher, dass sich zusätzliche Kosten für die Tourismusindustrie er- geben werden. Gäste, die nur für ein oder zwei Tage kommen, dürften eher ausbleiben, wenn sie wissen, dass sie unter Umständen lange Wartezeiten an den Grenzen in Kauf nehmen müssen, heißt es in der Studie. Der Ausfall der Kurzurlauber würde allein Frankreichs Wirtschaft pro Jahr zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro kosten.
Freilich sind solche Berechnungen mit vielen Unsicherheitsfaktoren verbunden. Wie lange die Wartezeiten sein werden, wenn dauerhafte Kontrollen kommen, weiß niemand. Auch die Kosten solcher Maßnahmen lassen sich nur schwer schätzen. Mitte Jänner hatte schon die EU-Kommission unter Berufung auf eine Studie des dänischen Forschungsinstituts Cepos gewarnt, dass die Passkontrollen teuer kommen werden.
Die Öresund-Brücke zwischen Dänemark und Schweden wird täglich von 100.000 Pendlern genutzt. Die Fahrzeit verlängert sich wegen der Passkontrollen um 20 Minuten, wodurch an dieser Brücke ein volkswirtschaftlicher Schaden von 300 Millionen Euro pro Jahr entstehe, so Cepos.
EU-Kommissionschef JeanClaude Juncker selbst sagte, dass es laut den Schätzungen seiner Behörde drei Milliarden Euro kosten würden, wenn die Grenzbalken im Schengenraum wieder dauerhaft runtergehen.
Aktuell haben zahlreiche Staaten grenznahe Kontrollen wieder eingeführt. So gibt es etwa Überprüfungen an der deutsch-österreichischen Grenze, aber auch zwischen Deutschland und Dänemark sowie Österreich und Slowenien. Die EU-Innenminister wollen, dass eine Ausweitung der Kontrollen auf bis zu zwei Jahre möglich ist. Die EU-Kommission erarbeitet dafür gerade die rechtliche Grundlage. (szi)